https://www.youtube.com/watch?v=fgcOsxhmz-A Vorweg: Ich habe weder etwas gegen den Staat oder gegen Öffentlichen Rundfunk und dessen Sendeauftrag. Nur sollte er letzteren auch erfüllen. Und wenn man, wie hier BR24, jemandes Probleme aufgreift und an die Öffentlichkeit trägt, dann dürfen offensichtliche Fehlentscheidungen nicht einfach hingenommen werden. Im konkreten Fall ging es um den Chef eines kleinen Privatzirkusses, der zusammen mit der familienversicherten Ehefrau binnen zehn Jahren bei der AOK ca. 200.000 Euro Beitragsschulden angehäuft habe. Wie? Tja, da sei doch niemand zuständig und die Beitragseinstufung mache sowieso der Computer. Aha. Mit dem Hinweis, daß seine Versicherung ruhe (§ 16 Abs. 3a SGB V), habe der Mann anläßlich einer Krankenhausbehandlung wegen eines Herzinfarktes der Klinik gegenüber irrigerweise geäußert, er müsse selbst zahlen. So gab es eine Rechnung über reichlich 5.800 Euro und alsbald Besuch vom Gerichtsvollzieher. Und das nimmt der Sender so hin, diskutiert auch noch drüber, daß die Klinik selbst klamm und den Verlust zu tragen nicht in der Lage sei. Schauen wir also ins Gesetz, was die Klinik auch hätte tun und sich und dem Patienten den Unsinn ersparen müssen. Und der Sender hätte, wenn da im eigenen Haus schon niemand gibt, der die Fundstelle kennt, einen Experten fragen können. "1 Der Anspruch auf Leistungen für nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherte, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen, ruht nach näherer Bestimmung des § 16 Abs. 2 des Künstlersozialversicherungsgesetzes. ... 3 Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Mitglieder nach den Vorschriften dieses Buches, die mit einem Betrag in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate im Rückstand sind und trotz Mahnung nicht zahlen; ..." Nun hat der Gesetzgeber ja gar nicht gewollt, daß Beitragsschuldner in die Kiste springen, sich vor Schmerzen krümmen, den Gesundheitsuntersuchungen fernbleiben sowie werdende Mütter und die Ungeborenen auf medizinische Betreuung verzichten müßten. Deswegen gibt es da, eigentlich gar nicht so schwer verständlich, diesen Satz 2: "2 Satz 1 gilt nicht für den Anspruch auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach den §§ 25 und 26 und für den Anspruch auf Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind." Ein Herzinfarkt ist eine akute Erkrankung, weh tut er auch. Sofern die kolportierte Diagnose stimmt, wäre es für eine Klinik eine Binse gewesen, daß die Krankenkasse keinesfalls außen vor ist, dem Patienten überhaupt keine Rechnung gestellt und gegen einen falschen Adressaten auch nicht tituliert werden darf. Warum, um alles in der Welt, führt dann dieser Sender, anstatt die Klinikleitung still im Hintergrund in den Senkel zu stellen, verfassungsmäßige Organe des Staates so unqualifiziert vor? Kein Wunder, daß die Leute in den Kommentaren scharenweise über dieses Stöckchen springen. Zur Beitragseinstufung ist nicht viel zu sagen. Natürlich ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß eine Kasse vor dem Sozialgericht nachgibt oder gar aus freien Stücken auf Geld verzichtet. Doch auch so etwas ist schon vorgekommen. Wer sich aber nicht selbst helfen kann und irgendwann meint, das Fernsehen ... Lesen wir, um die Sache abzurunden, im Gesetz weiter. Die Feststellung, daß diese Schuld schlechterdings nicht sofort in Gänze beglichen und daher das Ruhen auf diesem Weg auch nicht zu beenden war, traf ja zu. Nur: "4 Ist eine wirksame Ratenzahlungsvereinbarung zu Stande gekommen, hat das Mitglied ab diesem Zeitpunkt wieder Anspruch auf Leistungen, solange die Raten vertragsgemäß entrichtet werden." Aber auch das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange: "5 Das Ruhen tritt nicht ein oder endet, wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches sind oder werden." Da muß dann gar kein Geld auf den Tisch. Es soll ja Leute geben, die einen Leistungsanspruch hätten, das aber nicht wissen oder den Antrag aus Scham nicht stellen. So wie die Union gerade wieder gegen diese Kreise hetzt, wird letzteres in Zukunft wieder häufiger der Fall sein. Nebenbei bemerkt, in dieser Konstellation hätte das Ruhen der Krankenversicherung als Antragsgrund für ein eventuelles sozialgerichtliches Eilverfahren gegen Jobcenter oder Sozialamt womöglich auch einen positiven Nebeneffekt. So gäbe es Stütze schon nach ein paar Monaten und nicht erst, im regulären Hauptsacheverfahren, Jahre später.
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