Natürlich müssen wir uns alle mit der Zukunft der Steuerberatung auseinandersetzen. Das ist aber nichts Neues, das war schon immer so. Ich habe jetzt mein viertel Jahrhundert in der Steuerberatung auf dem Buckel und solange ich mich erinnern kann prophezeit die DATEV dass unsere Kanzleien ohne Betriebswirtschaftliche Beratung nicht mehr überleben werden. Beratung ist wichtig und sollte zentrale Dienstleistung sein, die durch das Tagesgeschäft mit Fibu, Löhnen, Jahresabschlüssen und Steuererklärungen abgerundet wird. Schließlich heißt es SteuerBERATUNG. Ich gehe aber einmal davon aus, dass die wenigsten Kanzleien vom Beratungsgeschäft leben können und das gibt sogar die DATEV hinter vorgehaltener Hand zu. Ich würde sagen, da wird Wasser gepredigt und Wein getrunken. Auch bei der Einführung von DUO wurde von wegbrechenden Buchhaltungshonoraren geredet. Das Problem hat sich bei uns auch nach zwölf Jahren DUO nicht ergeben. Mechanische Arbeit wird weniger, und das ist auch gut so, dafür können wir uns mehr um die Mandanten und das stetig komplizierter werdende Steuerrecht kümmern. Kollege Renz hatte vor kurzem einmal eine schöne Darstellung, dass es nur um eine zeitgemäße und notwendige Anpassung der Prozesse geht. Hier schließe ich mich zu hundert Prozent an. Weil Metaphern und Analogien Vieles besser darstellen als tausend Worte, erlauben Sie mir noch folgenden Vergleich. Früher wurde in der Kfz-Werkstätte mit Werkzeug an Fahrzeugen gearbeitet, heute wird "nur noch" der Stecker an die OBD-Schnittstelle angesteckt und der Computer muss sagen, was kaputt ist. Dann wird oft eine neue Software aufgespielt und alles ist wieder gut. Kommt hier jemand auf die Idee zu verlangen, dass es dafür kein Geld mehr gibt, weil ja nicht mehr am Fahrzeug gearbeitet wird? Meine Werkstätte berechnet diese Leistungen mit Stundensätzen, die deutlich oberhalb der eines Steuerberaters liegen. Und das wird doch auch gemeinhin akzeptiert. Und es ist ja nicht so, dass wir alle erst am Start stehen und loslaufen. Wenn ich Statistiken sehen, dass der Beruf der Steuerfachangestellten zu 84 % durch KI wegrationalisiert werden soll, bezweifle ich das erstens, weil solche "Versprechen" in der Vergangenheit noch nie eingehalten wurden, und zweitens die modernen Kanzleien doch sicher schon 40 % oder 50 % der Strecke hinter sich haben. Bis KI uns und unsere Mitarbeiter und unsere anspruchsvolle und qualifizierte Arbeit übernehmen kann, werden m.E. - falls es jemals so weit kommt - noch einige Jahrzehnte vergehen. Wie gesagt, ist die Automatisierung mechanischer Arbeiten - und darüber wird es lange nicht hinausgehen - durchaus erwünscht, haben doch viele Kanzleien heute das Problem, qualifiziertes Personal in ausreichender Menge zu bekommen. Also ist das der einzig sinnvolle und notwendige Schritt in die Zukunft. Das Steuerbürgerszenario und die Direktgeschäft der DATEV halte ich hingegen für den falschen Weg. Mit Pfennigfuchsern, die ihre Steuererklärungen günstig über ein Internetportal abwickeln, werden wir weder Geld verdienen noch unsere Kanzleien retten (sofern es überhaupt einer Rettung bedarf). Hier handelt die DATEV primär im Eigeninteresse und macht uns - z.B. durch teure Google-AdWords-Kampagnen, die letztlich wir Mitglieder der DATEV bezahlen müssen - sogar noch Konkurrenz.
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