@Gutti schrieb:Natürlich kann man die Ergebnisse untereinander vergleichen. Wenn die Messbeträge im Schnitt so hochgehen wie @bodensee beschreibt, dann weiß ich, dass ich bei meinen Fällen, in denen sich der Messbetrag halbiert hat, definitiv keinen Einspruch einlegen muss.
Das sehe ich kritisch, zumindest nach der momentanen Informationslage für Grundstücke in Bayern; wenn die Neubewertungen grundsätzlich auf Basis der neuen Gesetze verfassungswidrig sind, dann wäre meiner Meinung nach auch ein Bescheid offen zu halten für ein Objekt, das eine "günstige" Bewertung hat. Nur so kann man nach meiner Auffassung die Grundsteuerfestsetzung mit Null Euro erreichen solange keine Vorläufigkeit im Bescheid aufgenommen ist.
@Gutti schrieb:Diese relativ kleinen Stadtwohnungen profitieren nämlich von der neuen Bewertung (es sei denn, der Hebesatz wird mehr als verdoppelt - dann würden die Extremfälle von @bodensee aber das 40-fache der alten Steuer zahlen und wir wären doch etwas arg weit von "aufkommensneutral" weg)
Falls positives Urteil für die Kläger erst 2025 ergeht, und würde nicht gegen den Bescheid für das "profitierende" Objekt Einspruch einlegt, wird die Grundsteuer für den Mandanten fällig. Zwischen "Null" und "Wenig" Grundsteuer liegt halt der Unterschied und ein mögliches Haftungsproblem.
Muss jede Kanzlei natürlich aktuell selbst entscheiden wann und in welchem Umfang und Mitteln gegen Bescheide vorgegangen wird oder akzeptiert werden.
@Gutti schrieb:[...] wir wären doch etwas arg weit von "aufkommensneutral" weg)
Da liegt möglicherweise ein Missverständnis hinsichtlich der Bedeutung von "aufkommensneutral" vor, oder?
Unabhängig vom fachlichen Aspekt wäre wichtig, ob der Mandant für den Einspruch auch bezahlen möchte. Der Gegenstandswert ist hier m. E. gar nicht klar.
Richtig wäre, den Mandanten auf eine theoretische Möglichkeit der Verfassungswidrigkeit hinzuweisen und auch, dass der Einspruch Geld kostet. Viele Mandanten sind dann doch mit dem Bescheid einverstanden…
Also den Mandanten letztlich über die finanzielle Schiene in die Bestandskraft zu entlassen, halte ich für grundfalsch.
Der Einspruch ist sowieso ein Mustereinspruch, sprich copy und paste ob und wie das dann überhaupt abgerechnet wird, da halte ich mich zurück.
Ich denke in der Tat grundsätzlich Einspruch gegen jeden Feststellungsbescheid und wenn das bis zum BVerfG geht , wird bis 2025 keine Rechtssicherheit vorliegen. Wie die Verwaltung dann damit umgeht vermutlich wie immer mit Vorläufigkeiten so das das Rechtsschutzinteresse der Stpfl. gewahrt bleibt.
363 Abs. 1 regelt die Aussetzung und nicht das Ruhen des Verfahrens. Zur Schwestervorschrift des § 74 FGO hat der BFH entschieden, dass die Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm eine Rechtsfrage (und kein erforderliches konkretes Rechtsverhältnis) darstellt, BFH 23.01.1974 II B 68/73. Der Absatz 1 hilft uns nicht weiter.
ABER:
M.E. ist der Satz 1 von § 363 Abs. 2 relevant = Ruhen wegen Zweckmäßigkeit. Dass aufgrund der zu erwartenden Klagewelle aufgrund der erheblichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit und darauf folgend der Popularklage eine Verfahrensruhe zweckmäßig erscheint, liegt auf der Hand. Zumal der - zwar nicht einschlägige Satz 2 - Fälle von anhängigen Verfahren an obersten Gerichten als faktische Zweckmäßigkeitsgründe ansieht und dieser Rechtsgedanke auch bei der allgemeinen Zweckmäßigkeitsprüfung nach Satz 1 zu beachten ist. Die Möglichkeit der Popularklage in Bayern ist – soweit ersichtlich – ein bayernspezifisches Sonderrecht. Dies konnte die AO in Satz 2 nicht regeln. Der Rechtsgedanke ist aber der gleiche und rechtfertigt daher die Zweckmäßigkeit nach Satz 1.
Außerdem wird die Finanzverwaltung sehr bald aufgrund der Vielzahl der Einsprüche gezwungen sein, die Bescheide vorläufig zu erlassen. Dann hat sich das Problem ohnehin erledigt.
In der Zeit, in der die Finanzverwaltung noch keine vorläufigen Bescheide erlässt, ist die Einlegung in jedem Fall geboten.
Gruß Karl Hörterer
Weiß jemand das Aktenzeichen der anhängigen Klage (der Linken) beim Bayer. Verfassungsgericht?
In der Westfälischen Rundschau ist heute ein großer Artikel. Hier wird ebenfalls geraten, die Abgabefrist voll auszuschöpfen, da der Bund der Steuerzahler Musterklagen vorbereitet.
Leider ein Bezahlartikel, den Link hänge ich trotzdem mal dran.
Aktenzeichen habe ich noch nicht gefunden. Die Popularklage wurde von Frau Rechtsanwältin Adelheid Rupp aus Tuntenhausen eingereicht.
Vielleicht kommt jemand aus der Community aus der Ecke oder kennt die Dame. Vielleicht hat die ein Aktenzeichen schon übermittelt bekommen und sie stellt es uns zur Verfügung?
Im Anhang nochmal die Klageschrift und falls es für irgendwen für in Bayern gelegene Grundstücke hilfreich ist, das Gutachten aus 2019 das die Grünen in Auftrag gegeben haben und das auch die Problematik bzgl. Verfassungsmäßigkeit in Bayern darstellt.
(Leider hab ich von dem Gutachten den Link nicht mehr - ist aber alles öffentlich im Internet verfügbar)
... mich würde vor allem interessieren, ob ein Gerichtsverfahren in Bayern auch Konsequenzen für die anderen Bundesländer bzw. für die gesamte Grundsteuerreform hätte bzw. haben könnte.
Ungerechtigkeiten sehe ich auch z.B. im Bundesmodell (nach dem Motto: "die Hose ist mir näher als der Mantel" 😎)
Die Popularklage in Bayern kann keine Auswirkung auf die anderen Bundesländern habe, da diese ja ausschließlich gg .das bay. Flächenmodell von dem bay. Verf. GH geführt wird.
Anders würde es aussehen wenn das über die Finanzgerichtsbarkeit FG => BFH und letztlich BVerfG geht, und das wird m.E. der Weg in allen Bundesländern sein.
Hat sich schon jemand dieses Video angeschaut? Was ist von dem Muster-Einspruch zu halten?
https://www.youtube.com/watch?v=UH5MhbZ60rQ
Da ich weder Rechtsanwalt noch Steuerberater bin, kann ich es nicht einschätzen.
Von unserem Verband kam gestern eine m.M.n. sehr gute Info über die ganze Situation. Ich hänge diese mal hier dran.
Danke!! Wirklich sehr informativ.
Gerne. Nach Rücksprache mit unserem Verband kann ich auch den in der Info unten verlinkten Mustereinspruch ,bzw. dies ist eher eine Musterinfo für die Mandanten, hier weitergeben.
Leider funktioniert dies nicht mit der Word-Datei.
Hier der Link zur Word-Datei.
Super Zusammenfassung!! So muss nicht jede/r das Rad neu erfinden... Vielen Dank!
@JosefB
Nur zur Info: Das Aktenzeichen der Popularklage der Linken in Sachen Grundsteuerreform in Bayern lautet
Az.: Vf. 17-VII-2022
Ein paar Gedanken aus einem aktuellen Newsletter ...
Einspruch gegen die neuen Grundsteuerwertbescheide | Steuern | Haufe
Aber - wen wundert es - mit Sicherheit auch noch (lange) nicht der Weisheit letzter Schluss ...
Kleines Update zu meinem "Testeinspruch" beim FA Schwelm, NRW.
Weiterleitung in die Rechtsbehelfsstelle.
"Aufgrund der Vielzahl der eingehenden Einsprüche sowie der derzeit noch fehlenden Musterverfahren wird die Bearbeitung Ihres Einspruchs zunächst zurückgestellt."
Somit ist das Offenhalten kein Problem. Ob sinnvoll, wird sich zeigen.
@oliverstippe
Das hört sich doch mal gut an. Sollen die Finanzämter ruhig mit der Bearbeitung der Einsprüche warten. Erste Finanzämter in NRW stellen die Grundsteuerwerte auch schon unter Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Hoffentlich wird VdN zum Standard. Erspart uns eine Menge Arbeit und Erklärungszeit ggü den Mandanten.
... der passende Beitrag im "Datev-Magazin" gefällt mir als Übersicht und Entscheidungshilfe recht gut
https://www.datev-magazin.de/praxis/steuerberatung/rechtsbehelfe-pruefen-91451
Verlinke einfach mal den Artikel aus Focus Online und im Anhang einen Mustereinspruch gegen die Feststellung des Grundsteuerwertes in BW vom Steuerzahlerbund daraus zur Info. Vielleicht nützt das angegebene AZ beim FG jemanden weiter.