Seit 03.07.2020 werden die Formulare zum Rückmeldeeverfahren für die Verwendung der Corona-Soforthilfe per Email verschickt. Heute habe auch ich den ersten Fall auf dem Tisch und nur Fragezeichen im Kopf. Der Lockdown begann am 16.03.2020. Da war der halbe März schon rum. Dann kamen die ersten Aussagen unserer Politiker, die ausgebremsten Unternehmen durch eine Soforthilfe zu unterstützen. Am 26.03.2020 habe ich erstmalig die FAQ zur Soforthilfe heruntergeladen. Ab dann nahezu täglich teilweise mit Uhrzeitvermerk, da die Richtlinien ständig geändert bzw. ergänzt wurden. Keiner meiner Mandanten/Mandantinnen hat den Antrag noch im März gestellt, sondern erst im April bzw. Mai. Die Folge ist nun, dass bei der Beurteilung, inwieweit ein Liquiditätsengpass entstanden ist, die Monate April, Mai und Juni relevant sind. Seit 11.05.2020 ist der Lockdown aber wieder gelockert worden, so dass beispielsweise in der Gastronomie wieder Umsätze erzielt werden. Und zwar mit zunehmender Zeit wieder auf einem recht guten Niveau. Nichtsdestotrotz war die Situation im März und April extrem angespannt. Entsprechend wurden sofort Verhandlungen mit Vermietern, Lieferanten und Banken vorgenommen, um Stundungen von fälligen Zahlungen, Raten etc. zu vereinbaren. Jetzt fällt uns das auf die Füße, weil im Rückmeldeverfahren nur die tatsächlichen Liquiditätsabflüsse anzusetzen sind, ohne die auf die betreffenden Monate entfallenden tatsächlichen Aufwendungen. Sogenannte "eingesparte Kosten" sind nicht anzusetzen, obwohl sie ja nun mal definitiv nur gestundet und in naher Zukunft zu zahlen sind. Hinzu kommt, dass Personalkosten überhaupt nicht zu berücksichtigen sind, keine SV-Abgaben, keine laufenden Steuerzahlungen und natürlich auch keinerlei private Lebenshaltung, Altersversorgung etc.. Ich habe bereits Gespräche mit Mandanten hierüber geführt, die daraufhin sehr aggressiv reagiert haben, was ich absolut nachvollziehen kann. Dies wird nämlich dazu führen, dass der Großteil der Soforthilfe zurückgezahlt werden muss. Gegenüber den vollmundigen Versprechungen der Politiker und den oberflächlich ermunternden Meldungen unserer Medien bleibt nämlich am Ende nicht viel von der Corona-Soforthilfe übrig. Erste überschlägige Durchrechnungen - viel Spaß bei der Ermittlung der tatsächlichen Liquiditätszu- und abflüsse - für einen großen Gastro-/Restaurationsbetrieb und einen "Club" führen dazu, dass die Auszahlung zum Großteil zurückgezahlt werden muss. Und jetzt kommt der Knaller. Aufgrund des vorstehend beschriebenen zeitlichen Szenarios, hat wie gesagt ein Großteil die Soforthilfe im April beantragt. Damit gilt als Zeitraum April bis Juni. Sollte tatsächlich jemand zu Recht zumindest teilweise diese Soforthilfe erhalten haben, wird 1/3 für Juni auch noch mit der jetzt angekündigten Überbrückungshilfe verrechnet werden! Also, so gut wie bei allen Antragstellern. Und diejenigen, die erst im Mai den Antrag gestellt haben, z.B. weil lange unklar war, ob Selbständige mit einem Angestelltenjob antragsberechtigt sind oder weil der Umsatzeinbruch sich erst mit Verzögerung eingestellt hat (Seminarleiter o.ä.), dies wurde von den FAQ ja auch ausdrücklich empfohlen, für diejenigen gilt als Bewilligungszeitraum Mai bis Juli, somit 2/3 des Zeitraums für die Überbrückungshilfe. Fazit: Entweder wird hier schleunigst etwas Grundlegendes geändert oder aber es gibt einen Aufstand im unternehmerischen Mittelstand. Ich habe bisher nur gute Worte für unsere Politiker und deren Umgang mit der Krise gefunden und sehr engagiert für Verständnis auf Mandantenseite geworben. Aber das, was jetzt passieren wird, wenn ich das alles richtig einschätze, wird zu einem gewaltigen Aufschrei führen mit unabsehbaren Folgen, da bin ich mir ziemlich sicher! Sehe ich das zu pessimistisch oder liege ich hier richtig?
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