Liebe Community,
ich habe eine Frage zum Zeitpunkt der Rückstellungsauflösung.
Rückstellungen sind grundsätzlich aufzulösen, wenn der Grund für die Rückstellung entfallen ist.
Bei uns in der Kanzlei gibt es verschiedene Meinungen dazu, wann dieser "Zeitpunkt" genau ist und je nachdem wer einen Abschluss bearbeitet, wird es dann anderes gehandhabt.
Fall:
Im Jahresabschluss 2018, der erst im Frühjahr 2020 fertiggestellt wird, wird eine Rückstellung für Steuerberaterkosten gebildet.
Der Jahresabschluss 2019 wird im Herbst 2020 bearbeitet.
Bei uns in der Kanzlei gibt es nun folgende Auffassungen:
1. Die Rückstellung 2018 bleibt im Jahresabschluss 2019 stehen, da die Rechnung erst 2020 geschrieben wurde. Argument : Die Rechnungsstellung ist das Ereignis was zum Wegfall der Rückstellung führt, da erst zu dem Zeitpunkt klar ist, wie hoch die Verbindlichkeit tatsächlich ist. Es handelt sich um ein wertbegründendes Ereignis.
2. Die Rückstellung 2018 wird im Jahresabschluss 2019 aufgelöst und die Rechnung als Verbindlichkeit eingebucht mit Abzug der Vorsteuer im Folgejahr.
Argumente: Rechnung liegt in dem Zeitpunkt vor, als der Jahresabschluss 2019 im Herbst 2020 gemacht wird und deswegen muss man es noch berücksichtigen im Abschluss 2019. Werterhellendes Ereignis.
Das gleiche lässt sich auf andere Fälle wie zum Beispiel die Gewerbesteuerrückstellung übertragen. Hier herrschen bei uns auch unterschiedliche Auffassungen.
Es stellt sich nun die Frage, was bilanziell richtig wäre.
Über Rückmeldung würde ich mich freuen.
Schöne Grüße
Gelöst! Gehe zu Lösung.
Klar 1, Sie können und dürfen keine Rechnungen einbuchen, die es zum Stichtag noch gar nicht gab. Eventuell könnten Sie die Rückstellung der Höhe nach anpassen.
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Ist eine Rückstellung nicht für eine unbekannte Höhe gedacht?
Ich würde dies eher als sonstige Verbindlichkeit bilanzieren, da die Höhe bekannt ist.
Schwieriges Thema, da der Streit letztlich darum geht ob wertbegründend oder werterhellend.
Zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung 2019 ist die Höhe der Verbindlichkeit exakt bekannt, daher ich buche das generell auf Vbk. um , da eben die Höhe nicht mehr unbekannt sondern bekannt ist.
Aber ich kann mich erinnern, dass ich im Rahmen einer BP hier lange Diskussionen mit dem Prüfer hatte und auch der Beck'sche Bilanzkommentar und andere Quellen zwar sehr viel zum Thema schreiben, etwas konkretes z.Bsp. zur Rückstellung Jahresabschlusskosten konnte ich leider nicht finden.
Bei der Gewerbesteuer mache ich gleich ist der Bescheid bereits bei der Aufstellung der nächsten Bilanz vorhanden, dann umbuchung auf Vbk Betriebssteuern und Auflösen der Rückstellung.
Hallo,
ich schließe mich den Antworten von @AKW und @bodensee an. Da die Höhe und Zeitpunkt der Entstehung bekannt ist, entfällt m.E. der Grund für eine Rückstellung und diese ist entsprechend aufzulösen. Ich wüsste jetzt nicht, was das Finanzamt da gegen argumentieren könnte.
Grundsätzlich hat diese Vorgehensweise auch nur insofern eine "zusätzliche" Gewinnauswirkung, als dass ein periodenfremder Ertrag oder Aufwand in Höhe der Differenz entsteht, der vermutlich in den meisten Fällen nicht sehr hoch ausfallen wird.
Dem Finanzamt ist das im Regelfall 'wurscht.
Dem WP wg. Handelsrecht ggf. nicht und da wird schon auf diese Unterscheidung geachtet und manchmal ist diese Differenzierung zwischen wertbegründend und - erhellend wichtig. Z.Bsp. Abschreibung auf eine Beteiligung oder auch geltendmachung von Rechtsstreitkosten die zwar dem Grunde nach auf den Zeitraum bis zum Bilanzstichtag entfallen bzw. dort ihren wirtschafltichen Background haben, aber wg. Klage oder Vergleichsverfahren wie auch immer erst nach dem Bilanzstichtag konkretisiert werden.
Hallo,
vielen Dank für die vielen Antworten.
Ich habe mir diese jetzt einmal alle durchgelesen.
Ganz eindeutig scheint die Rechtslage dort ja wirklich nicht zu sein. Wobei die Tendenz ja tatsächlich nach Variante 2 geht.
Ich verstehe beide Positionen, tendiere aber tatsächlich eher nach Variante 1 Wertbegründung
Dazu habe ich eben noch folgendes gefunden aus dem "Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar"
"Der Wegfall eines Grunds ist im Regelfall wertbegründend, nicht werterhellend (zur Abgrenzung vgl. § 252 Rz 58). Eine Rückstellung für einen Rechtsstreit darf erst aufgelöst werden, wenn die Klage rechtskräftig abgewiesen ist. Dies gilt auch dann, wenn der Bilanzierende erstinstanzlich gesiegt hat, der Prozessgegner aber gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen kann. Ein nach dem Abschlussstichtag erfolgter Verzicht des Prozessgegners auf ein Rechtsmittel ist wertbegründend."
Auf meinen Fall bezogen bezieht sich der Wegfall des Grundes ja auf die Fertigstellung des Abschlusses 2018 im Jahr 2020 und der dortigen Rechnungserstellung. Auf die GewSt RS bezogen besteht der Wegfall des Grundes m.E. durch die Konkretisierung der Zahllast auf eben dem Steuerbescheid, der erst im Übernächsten Jahr 2020 ergeht. Wegfall des Grundes also im Jahr 2020-> Folglich wertbegründend.
Kann ich das so argumentieren, oder besteht der Wegfall des Grundes in meinen Fällen in etwas ganz anderes und eben nicht in der Fertigstellung des Abschlusses bzw. das Ergehen des Steuerbescheides?
Im Endeffekt stimmt es natürlich, dass es bei den Rückstellungen nur um kleine Auflösungsdifferenzen geht. Es wäre nur schön, wenn alle das bei uns in der Kanzlei gleich machen. Die Variante mit den besseren Argumenten würde dann wahrscheinlich in der Kanzlei Anwendung finden.
Vielen Dank noch einmal für die bisherigen und auch für die weiteren Antworten
Schöne Grüße
Ich halte nur Lösung 1 für korrekt.
Das Vorliegen der Rechnung zum Zeitpunkt der Abschlusserstellung ist eine wertbegründende Tatsache (oder wertverändernde Tatsache) die laut Sachverhalt eindeutig nach dem Bilanzstichtag bekannt wurde bzw. überhaupt entstanden ist.
Solche wertbegründenden / -verändernden Tatsachen dürfen keine Auswirkungen auf die Bilanzansätze einem, ihres Auftretens vorausgehenden Stichtags haben.
Es geht immer darum die Sicht des Kaufmanns auf den 31.12. zu wahren und an diesem Stichtag (auch im Folgejahr) gab es nur die Erkenntnis des Kaufmanns über die Wahrscheinlichkeit des Eintritts (51%-Regel) und die ungefähre Höhe.
Vielen Dank für die Antwort.
So würde ich es eigentlich auch sehen.
Ich werde es bei uns in der Kanzlei noch einmal ansprechen und die Beiträge von hier zu der Diskussion mit vorstellen.
Vielen Dank an alle!
Nach dieser Quelle tendiere ich auch eher zu Nr. 2:
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind als „wertaufhellend“ jedoch nur die Umstände zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und nach dem Bilanzstichtag, aber vor dem Tag der Bilanzerstellung lediglich bekannt oder erkennbar wurden.
Hi auch hier danke für die Antworten.
Die Begründung unterstützt m.E. eher Fall 1.
"(...) „wertaufhellend“ (...) zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen"
Zum Bilanzstichtag 31.12.2019 lag ja nichts "objektiv" vor. Der Abschluss 2018 wurde erst in 2020 erstellt und die Rechnung liegt erst 2020 vor.
Demnach dürfte es kein werterhellender Umstand sein und somit keine Veranlassung bestehen zum 31.12.2019 die Rückstellung aufzulösen.
Ich schaue mir aber heute Abend aber nochmal die komplette Quelle an.
Die durch den Steuerberater verursachten Kosten sind m.M.n. schon ein Umstand der vor dem Bilanzstichtag objektiv vorliegt (auch wenn es sich um Abschlussarbeiten handelt, die erst später erledigt werden).
Man weiß ja dass diese Arbeiten anfallen und Kosten verursachen werden und darum geht es ja letztendlich. Lediglich die Höhe und der Zeitpunkt sind nicht bekannt. Von daher...
Wir handhaben das auch nach Variante 1, also Rückstellung stehen lassen, da Rechnungsstellung wertbegründend ist. Das ist aber m.E. nicht eindeutig geregelt.
Es gibt auch die Auffassung, dass die Wertbegründung des Sachverhaltes, also die Verpflichtung zur Bilanzerstellung zum 31.12.2018 schon vorliegt.
Fraglich ist also, ob es nach dem Sachverhalt oder der Rechnungsstellung als wertbegründendes Ereignis geht.
Was aber hier für das Jahr 2019 zu tun ist, ist die Rückstellung zu bewerten. Dies ist bei jedem Bilanzstichtag durchzuführen. Also wäre hier ggf. die Rückstellung anzupassen.
Ich habe das aber auch immer so erlebt, dass das dem Finanzamt egal ist. Vorsteuerabzug ist in 2020. Sollte hier doch ein Prüfer bei kleinen Differenzen den Aufwand zwischen den Jahren hin- und herschieben, hat er was gefunden 🙂
Ja hatte ich vor allem bei jungen PrüferInnen die wollten allen ernstes dass die Rückstellung im Jahr der Einbuchung exakt der Rechnungsstellung enspricht, da wir STB dies ja wüßten und insofern eine Schätzung nicht erforderlich bzw. zulässig sei.
Wobei das war Akt 2 , im ersten Zug wollte sie Rückstellung gar nicht zulassen.
Auf das unser Steuerleben niemals einfach sei🤣, nur den Humor darf man bei so was nicht verlieren. Letzlich hat sie in allen Punkten nachgeben müssen, aber Streit um des Kaisers Bart...
@bodensee schrieb:... nur den Humor darf man bei so was nicht verlieren.
das stimmt und schaffen hoffentlich alle KollegInnen in solchen Situationen 👍
....aber Streit um des Kaisers Bart...
nimmt auch manchmal den Focus von den echten Diskussionspunkten 🙂
....aber Streit um des Kaisers Bart...
nimmt auch manchmal den Focus von den echten Diskussionspunkten 🙂
Stimmt , soll schon vorgekommen sein. 🤗
Hallo,
vielen Dank für die Diskussionsrunde und die vielen Ansichten
Ich werde das Thema bei uns in der Kanzlei einmal kurz ansprechen und dann schauen, was dabei rauskommt.
Schlussendlich entscheidet dann ja auch unsere Kanzleiinhaberin, wie wir es machen sollen.
Mein Ziel ist es eigentlich nur, dass, man sich zumindest darauf einigt, dass man es in der Kanzlei gleich macht, damit man nicht zusätzliche Arbeit hat. Wenn ich es es in meiner Buchhaltung nach Fall 1 buche, sobald die Rechnung erstellt wird und die JA Bearbeiterin es dann später nach Fall 2 im JA bearbeitet , dann muss ich in meinem laufenden Jahr alles wieder korrigieren und das kann auch schon echt etwas nervig sein....
Noch einmal vielen Dank an alle !!