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Inergemeinschaflicher Erwerb bei nur anteiliger unternehmerischer Verwendung

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letzte Antwort am 28.08.2019 09:16:02 von liess
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liess
Einsteiger
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Werte Kolleginnen/en,

ein Mandant hat ein Haus gebaut zur privaten (60%) und unternehmerischen Nutzung (40%). Aufgrund der Grenznähe wurden diverse Baumaterialien in Österreich erworben. Wir haben von den Rechnungen 40% netto als Herstellungskosten erfasst und von der österreichischen USt 40% als Vorsteuervergütungsanspruch, der Antrag war bereits in  Österreich eingegangen (noch nicht bearbeitet).

Der USt-Sonderprüfer ist der Auffassung, dass insgesamt, also zu 100%, ein innergem. Erwerb vorliege, und will deshalb 100% dt. USt auf den i.E. ansetzen und nur 40% VorSt-Abzug darauf zulassen. Das Ergebnis fatal: Doppelt USt in Österreich und Deutschland. Das kann es ja vom Ergebnis her nicht sein (es sei lt. Prüfer nicht sein Problem, dass die urpr. Behandlung fehlerhaft gewesen sei - ich bin allerdings der Auffassung, dass der Erwerb ohne UID nicht fehlerhaft war). Vom Ergebnis her muss die USt innerhalb der Untnehmerkette doch neutral sein.

Nicht überzeugen konnte ich den Prüfer mit der für die 60% nicht vorliegenden gesetzlichen Voraussetzungen für den i.E.: Nach § 1a Abs. Nr. 2 Buchst. a UStG gehört es u.a. zu den Voraussetzungen eines iE, dass der Unternehmer die Gegenstände FÜR SEIN UNTERNEHMEN erwirbt. Unser Mandant  hat das gemischt genutzte Haus zulässigerweise nur zu 40% dem Unternehmensvermögen zugeordnet (Abschn. 15.2c Abs. 2 Buchst. b Punkt 3 UStAE). Somit scheidet es aus meiner Sicht zum einen aus, für die gesamten Einkäufe einen iE anzunehmen. Zum anderen hat unser Mandant die Einkäufe ohne Verwendung seiner dt. UID. getätigt und damit auch zum Ausdruck gebracht, dass die Einkäufe nicht für sein Unternehmen erfolgten.

Eine Aufteilung der Einkäufe war nicht möglich, da es sich in der Regel um Materialien handelte, die nicht direkt dem privaten oder unternehmerischen Hausanteil zugeordnet werden konnten. Insofern gab es nur die Wahl zwischen voll unternehmerisch oder privat. Voll unternehmerisch stimmt auf keinen Fall, das wäre aus meiner Sicht falsch, die gesamten Einkäufe als für das Unternehmen zu deklarieren. Also "musste" der Mandant dem Verkäufer bzw. leistenden Unternehmer gegenüber als Privatperson auftreten, zumal auch die überwiegende Hausnutzung privat ist. Im Ergebnis kam es durch die Handhabung zu einer zutreffenden USt-Belastung: 100% USt gezahlt und 40% Vorsteuer-Erstattung - allerdings nicht in Deutschland, sondern Österreich.

In einem USt-Kommentar (Rau/Dürrwächter; Anm. 203 und v.a. 206, 207) ist zwar die Auffassung vertreten, dass ein iE anteilig besteuert werden kann. Im Ergebnis bleibt dann aber ein Prüfungsergebnis von Null – denn der Erwerbsteuer würde ein genau entsprechender Vorsteuerabzug entgegenstehen.

Wie könnte man nun aber in der Praxis einen anteiligen i.E. erfassen? Es geht ja eigentlich nur eine  buchhalterische Lösung, denn beim Kauf kann der Mandant ja nicht sagen, dass er eine Aufteilung zu zig Prozent braucht. Und verschiedene Rechnungen (mit/ohne öster. USt) geht auch nicht, wenn es sich um einheitliche Gegenstände handelt, die im ganzen Haus verbaut werden.

Wie machen das Kollegen/Innen? Versteuert Ihr den i.E. zu 100% und holt Euch die öster. VorSt zu 100% vom öster. FA wieder (oder einem anderen EU-Land)? Ich habe nun einen korrigierten Erstattungsantrag in Österreich eingereicht. Muss der Mandant in solchen Fällen wirklich zu 100% ohne öster. USt einkaufen durch Angabe seiner UID (obwohl er nur zu 40% die Gegenstände für sein Unternehmen erwirbt)?

Künftig könnte der Mandant das so machen - aber nicht für den zurückliegenden Prüfungszeitraum; da sind auch keine Rechnungskorrekturen mehr möglich - oder hat damit wer Erfahrung, dass z.B. Obi Österreich rückwirkend Rechnungen ändert? Bei Rechnungen könnte ich es mir gerade noch so vorstellen, aber nicht bei Kassenzetteln. Obi wird den Aufwand wohl ablehnen, denn der hat ja nichts falsch gemacht, wenn der Kunde seine UID nicht angibt...

Also hier zusammenfasst meine Fragen:

1. Wie kann man sich gegen eine im Ergebnis doppelte USt aus Österreich und Deutschland im Prüfungszeitraum wehren? Hat jemand ähnliche Erfahrungen?

2. (die wichtigere Frage, in die Zukunft gerichtet): Wie erfasse ich in der Buchhaltung Anschaffungen aus der EU von nur teilweise unternehmerisch genutzten Gegenständen, die mit EU-USt belastet sind (weil keine Anschaffung mit UID)? 100% i.E. in der Buchhaltung und 100% Vorsteuervergütungsantrag an das EU-Land? Oder nur anteilig? Ich muss das ja auch nach dem Prüfungszeitraum buchhalterisch abbilden - und frage mich nun, wie es "richtig" gehen würde oder Kollegen das machen.

Selbst der Prüfer (eigentlich ein umgänglicher Mensch) findet das einen interessanten Vorgang, den er so bisher noch nie hatte (das muss doch aber Vielen so gehen, v.a. wenn sie in Grenznähe wohnen) ; deshalb hat er auch das LfSt um Stellungnahme gebeten (Spannung... ich werde berichten).

Vielen Dank im Voraus für Eure Kommentare.

cwes
Meister
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So wie Sie es ursprünglich behandelt haben, sieht es auch Bunjes, UStG § 1a Rz. 18, 2018 (dürfte sich bei dem Fall lohnen zu bestellen) und verweist auf EuGH C-291/92, BStBl. II 1996, 390 und zwei nicht mehr aktuelle UStAE Fundstellen.

stefans
Fortgeschrittener
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Vorweg: Praktische Erfahrungen habe ich keine zu diesem Thema.

Aber laut Dokument 0630475 insbesondere unter Punkt 5.3. sind Ihre Überlegungen grundsätzlich richtig, allerdings hätte Ihr Mandant sich von Anfang an jeweils 2 Rechnungen ausstellen lassen müssen:

385818_pastedImage_10.png

Mit 2 Rechnungen wären auch alle Ihre Probleme gelöst.

Ein Vorsteuervergütungsantrag wäre nicht erforderlich gewesen. Die gestellten Anträge dürften damit inhaltlich falsch sein und müsste konsequenter weise aus Österreich abgelehnt werden (sowohl für 40 % als auch für 100 %).

Im Ergebnis müsste es so laufen, dass Sie keine Vorsteuer aus Österreich erhalten. In Deutschland müssen Sie auf 40 % einen i.g.Erwerb versteuern. Der i.g.Erwerb auf 100 % ist offensichtlich falsch.

Durch Rechnungskorrekturen können Sie sich 40 % der in Österreich zu viel gezahlten USt wieder holen.

Zumindest für die Zukunft sollte das Ihre Lösung sein.

Tobias_Ettl
Erfahrener
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Für die Abbildung in der laufenden Buchhaltung müsste ein individueller Steuerschlüssel angelegt werden wenn die Rechnung so gesplittet und USt-technisch verbucht/behandelt werden soll. Es ist auch denkbar ein Automatikkonto mit der gewünschten Automatik in DATEV abzubilden. Für beide Fälle habe ich aber keine Praxiserfahrung.

Wenn Sie zwei Rechnungen erhalten, geht dies auch mit den Standardschlüsseln. Dies scheint die immer bessere Lösung zu sein!

MfG

Tobias Ettl

#sendepause MfG Tobias Ettl
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liess
Einsteiger
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Vielen Dank für das Feedback! Das geht ja alles in "die richtige" Richtung.

In der Theorie mögen ja zwei Rechnungen wie DIE Lösung klingen - halte ich der Praxis aber schwer für umsetzbar. Gerade bei kleineren Beträgen, die man mit Kassenzettel und nicht mit Rechnung kauft (die aber bei einem Neubau auch Mist machen); ich kann mir nicht vorstellen, dass z.B. Obi Salzburg da mitspielt. Erst recht nicht mit einer Rechnungskorrektur über ein halbes Jahr später aus 2018; Rechnungskorrektur vielleicht noch, aber Kassenzettel?

Leider halte ich eine Korrektur kaum für möglich.

Für die Zukunft werde ich es dem Mandanten ans Herz legen.

Hat jemand Erfahrung mit einem Einkauf aus Österreich und aufgeteilten Rechnungen?

Und warum kein Vorsteuererstattungsverfahren? Das sollte doch gerade für solche Fälle greifen? Schließlich sollte die EU harmonisiert für das richtige Ergebnis sorgen (USt-Belastung in dem Falle 60%).

Jedenfalls: 100 % i.E. in Deutschland halten wohl alle (außer dem Prüfer ) für "daneben".

Ich bleibe am Ball und kann bei Interesse über das weitere Vorgehen bzw. hoffentlich eine Einigung mit dem Prüfer berichten.

Herzlichen Dank soweit.

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stefans
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In der Theorie mögen ja zwei Rechnungen wie DIE Lösung klingen - halte ich der Praxis aber schwer für umsetzbar. Gerade bei kleineren Beträgen, die man mit Kassenzettel und nicht mit Rechnung kauft (die aber bei einem Neubau auch Mist machen); ich kann mir nicht vorstellen, dass z.B. Obi Salzburg da mitspielt. Erst recht nicht mit einer Rechnungskorrektur über ein halbes Jahr später aus 2018; Rechnungskorrektur vielleicht noch, aber Kassenzettel?

Ich bin Praktiker und mir ist (leider) klar, dass hier Theorie und Praxis eventuell auseinanderfallen aber ich sehe in Ihrem Fall keine andere Lösung.

Allerdings werden Sie an der Kasse bei OBI in keinem EU-Land mal eben eine steuerfreie Rechnung bekommen. Das kann nur über ein Kundenkonto laufen oder dem Mandanten muss klar gemacht werden, dass er in Österreich "brutto" kalkulieren muss und im Zweifel muss er in Deutschland kaufen.

Und warum kein Vorsteuererstattungsverfahren? Das sollte doch gerade für solche Fälle greifen? Schließlich sollte die EU harmonisiert für das richtige Ergebnis sorgen (USt-Belastung in dem Falle 60%).

Nein, für solche Fälle ist das Verfahren nicht gedacht. Zumindest hatte ich den Fall, dass ein Mandant (Unternehmer, ausgewandert) in Spanien aus Deutschland einen PKW gekauft hat. Mangels damals (noch) nicht vorhandener USt-ID hatte das deutsche Autohaus die Rechnung mit deutscher USt gestellt.

Der Versuch die deutsche VoSt beim BZSt per Vergütungsantrag erstattet zu bekommen, scheiterte mit der Begründung, das eine steuerfreie igL aus Deutschland gegeben war und damit keine Erstattung erfolgen kann (14c-Steuer).

Mit dem Schreiben vom BZSt konnten wir zum Glück beim Autohaus die RG korrigieren lassen.

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liess
Einsteiger
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Update: Heute hat besagter Mandant erfreuliche Post vom Finanzamt erhalten: Die USt-Sonderprüfung hat zu keinen Beanstandungen geführt. Sprich der Prüfer hat dann doch keinen 100%igen iE (mit nur anteiliger VorSt-Abzugsberechtigung) - trotz bereits in Österreich erfasster USt - vorgenommen.

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liess
Einsteiger
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Nochmals ein erfreuliches Update:

Das Finanzamt Graz hat - nach Prüfung durch eine Sachbearbeiterin (also nicht nur "versehentlich" automatisch) - die anteilige österreichische VorSt bewilligt und rückerstattet. Damit komme ich genau auf meine ganz oben am Anfang dargestellte buchhalterische Behandlung, mit folgendem zusammenfassendem Ergebnis:

Werden für ein z.B. zu 40% unternehmerisch genutztes Gebäude (60% privat) Baumaterialen/Gegenstände in Österreich erworben, die ganz normal mit öster. USt belastet werden, kann der Unternehmer die anteilige öster. VorSt über das Vorsteuervergütungsverfahren aus Österreich zurück erhalten. Dieses Ergebnis ist sowohl von der USt-Sonderprüfung in DE als auch von einer Sachbearbeiterin des Finanzamts in AT geprüft (allerdings Einzelfallentscheidung - würde nicht die Hand ins Feuer legen, dass das in allen Fällen so entschieden wird).

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letzte Antwort am 28.08.2019 09:16:02 von liess
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