heute Abend 'flatterte' die Kündigung eines Mietverhältnisses herein
Heute ist der 5.8.2024
Im Mietvertrag steht folgender Passus :
Jetzt stellt sich für den Samstag, dem 3.8.2024, die Frage:
"to be or not to be Werktag, that is the question"
... oder anders gefragt:
wurde der rechtzeitige Kündigungstermin knapp verfehlt oder zählt die heutige Kündigung noch für den gesamten Monat August ?
... schon witzig, dass sich offenbar selbst die zuständigen Gerichte nicht darüber einig sind, ob ein Samstag (als 3. Tag der 3-tägigen Karenzzeit) als "Werktag" zählt oder ob die Karenzzeit auf den darauffolgenden Montag ... ähm ... auf den darauffolgenden "Werktag" verlängert wird ... denn der Montag könnte ja z.B. ein Feiertag sein 😉
@vogtsburger schrieb:
heute Abend 'flatterte' die Kündigung eines Mietverhältnisses herein
Heute ist der 5.8.2024
Im Mietvertrag steht folgender Passus :
Jetzt stellt sich für den Samstag, dem 3.8.2024, die Frage:
"to be or not to be Werktag, that is the question"
... oder anders gefragt:
wurde der rechtzeitige Kündigungstermin knapp verfehlt oder zählt die heutige Kündigung noch für den gesamten Monat August ?
Typische Juristenantwort: es kommt darauf an.
In einem Standardkommentar (Blank/Börstinghaus/Siegmund: Miete 7. Aufl. 2023) finden sich folgende Sätze:
Bislang höchstrichterlich nicht geklärt bzw. vom BGH widersprüchlich entschieden ist die Frage, wie die „Karenzzeit“ zu berechnen ist, wenn das Fristende auf einen Sonnabend fällt. Nach Auffassung des III. Zivilsenates des BGH findet § 193 auf Kündigungsfristen grundsätzlich keine Anwendung (weder direkt noch analog): Die Möglichkeit, mit einer bestimmten Frist zu einem bestimmten Tag zu kündigen, bedeute nicht, dass die Willenserklärung an einem bestimmten Tag abzugeben ist oder innerhalb einer bestimmten Frist abgegeben werden müsste (BGH NZM 2005, 391 – Kündigung eines Sponsoring-Vertrages). Für die Wohnraummiete hat der VIII. Zivilsenat die Frage in einer nahezu zeitgleichen Entscheidung bisher hingegen ausdrücklich offengelassen: Bei der Berechnung der „Karenzzeit“ sei der Sonnabend jedenfalls dann als Werktag mitzuzählen, wenn der letzte Tag der Karenzfrist nicht auf diesen Tag fällt (BGH NZM 2005, 532).
@agmü schrieb:
[...] Typische Juristenantwort: es kommt darauf an [...]
... soll das etwa heißen, dass man es darauf ankommen lassen soll ? 😎
... überrascht mich doch ein wenig, dass der Samstag so 'strittig' ist
@vogtsburger schrieb:
@agmü schrieb:
[...] Typische Juristenantwort: es kommt darauf an [...]... soll das etwa heißen, dass man es darauf ankommen lassen soll ? 😎
Es kommt darauf an, wen der Jurist in diesem Fall vertritt, den Mieter oder den Vermieter ;).
@vogtsburger schrieb:...... überrascht mich doch ein wenig, dass der Samstag so 'strittig' ist
Solange die ultimative Instanz (Bundesgerichtshof oder Gesetzgeber) die Frage nicht entscheiden hat, löst die Praxis die Angelegenheit eher pragmatisch, denn bis die Rechtsfrage geklärt werden könnte ist, ist der Zeitraum um den es geht, längst abgelaufen.
@agmü ;
... wäre es dann nicht sinnvoll, die (den Juristen) bekannten ungeklärten Rechtsfragen mit zusätzlichen, eigenen, individuellen Vereinbarungen genauer 'festzunageln', z.B. mit dem Zusatz à la "der Samstag zählt grundsätzlich als Werktag ? ...
... oder wäre eine solche Vereinbarung dann ggfs. auch wieder unwirksam, weil sie den Mieter benachteiligen könnte.
Eine alternative, individuelle Formulierung könnte dann vielleicht so aussehen :
"fällt der 3. Tag der Karenzzeit auf einen Samstag, verlängert sich die Karenzzeit bis zum nächsten Werktag.
Hoffen wir mal, dass dann der Rosenmontag nicht auch bundesweit als Feiertag zählt 😉
@agmü schrieb:
[...]
Solange die ultimative Instanz (Bundesgerichtshof oder Gesetzgeber) die Frage nicht entscheiden hat, löst die Praxis die Angelegenheit eher pragmatisch, denn bis die Rechtsfrage geklärt werden könnte ist, ist der Zeitraum um den es geht, längst abgelaufen.
[...]
Der Zeitraum mag zwar abgelaufen sein, aber das was nicht von alleine verschwindet, ist mindestens eine Forderung in Höhe einer Monatsmiete + Betriebskosten
Oft ist es ja auch so, dass der Mieter seinen Auszugstermin aus unterschiedlichen Gründen gar nicht einhalten kann und er dann am ursprünglich vorgesehenen Auszugstermin wieder neu darüber diskutieren könnte, welcher Kündigungstermin jetzt eigentlich gilt. Somit hätte er bei Bedarf noch 1 weiteren Monat an Mietzeit zur Verfügung
Hallo @vogtsburger ,
ich kann Ihnen zwar nicht antworten, habe aber eine Nachfrage: Zu welchem Datum wurde denn gekündigt? Wenn es der 30.09.2024 ist, kann ich Ihre Frage verstehen, weil sie tatsächlich Auswirkungen entfaltet.
Sollte allerdings zum 30.11.2024 gekündigt worden sein, wäre die Kündigungsfrist ohnehin eingehalten und Ihre Frage wäre allenfalls von akademischer Relevanz. 😉
Viele Grüße und einen schönen Nachmittag.
@vogtsburger schrieb:
@agmü ;
... wäre es dann nicht sinnvoll, die (den Juristen) bekannten ungeklärten Rechtsfragen mit zusätzlichen, eigenen, individuellen Vereinbarungen genauer 'festzunageln', z.B. mit dem Zusatz à la "der Samstag zählt grundsätzlich als Werktag ? ...
... oder wäre eine solche Vereinbarung dann ggfs. auch wieder unwirksam, weil sie den Mieter benachteiligen könnte.
Generelle besteht im Mietrecht eine Zweiteilung: Gewerbliche Mietverträge können/müssen relativ umfangreiche Regelungen enthalten, weil die für Wohnraummiete geltenden Regeln nur bedingt passend sind. Bei Wohnraummietverträgen besteht fast kein Gestaltungsspielraum, da Vereinbarungen zu Lasten des Mieters in der Regel unwirksam sind; ich suche immer noch nach Klauseln die in jeder denkbaren Konstellation nicht zu Lasten eines Mieters wirken.
@vogtsburger schrieb:
...
Eine alternative, individuelle Formulierung könnte dann vielleicht so aussehen :
"fällt der 3. Tag der Karenzzeit auf einen Samstag, verlängert sich die Karenzzeit bis zum nächsten Werktag.
Spitzfindiger Jurist: Die Klausel ist unwirksam, da Vereinbarung zu Lasten des Mieters wirkt. In dieser Form gilt die Klausel auch für Kündigungen durch den Vermieter, mit der Folge, dass die Dauer bis zum Ende des Mietverhältnisses kürzer ist als vom Gesetzgeber vorgegeben.
Je mehr sie in die Klausel schreiben je näher kommen sie an die Unwirksamkeit wegen Intransparenz.
@vogtsburger schrieb:
Der Zeitraum mag zwar abgelaufen sein, aber das was nicht von alleine verschwindet, ist mindestens eine Forderung in Höhe einer Monatsmiete + Betriebskosten
Leider nicht. Nutzt der Mieter die gekündigte Wohnung über das Ende der Mietzeit hinaus, ist er zur Nutzungsentschädigung verpflichtet. Die Höhe der Nutzung bestimmt sich dabei nach der ortsüblichen Miete, mindestens jedoch in Höhe der im Mietvertrag vereinbarten Miete. Ob ein (ehemaliger) Mieter daher Miete oder Nutzungsentschädigung zahlen muss ist wirtschaflich i.d.R. ohne Belang. Betriebskosten sind Verbäuche des Mieters bzw. Aufwendungen für die Nutzung des Mietobjekts. Soweit der Mieter Energie, Wasser, etc. verbraucht muss er diesen Verbrauch auch bezahlen.
@vogtsburger schrieb:
Oft ist es ja auch so, dass der Mieter seinen Auszugstermin aus unterschiedlichen Gründen gar nicht einhalten kann und er dann am ursprünglich vorgesehenen Auszugstermin wieder neu darüber diskutieren könnte, welcher Kündigungstermin jetzt eigentlich gilt. Somit hätte er bei Bedarf noch 1 weiteren Monat an Mietzeit zur Verfügung
Welchen Vorteil hat der Mieter? Er muss entweder Miete oder Nutzungsentschädigung bezahlen. Der Vermieter erhält entweder die Miete oder die Nutzungsentschädigung.
rechtlich relevant wäre die Frage nur in folgender Konstellation:
Kündigung zum 30.06. Am 01.07. erhebt der Vermieter Räumungsklage. Wird dem Mieter die Klage noch vor dem 31.07. zugestellt und erklärt er vor Ablauf des 31.07 gegenüber dem Gericht ein sofortiges Anerkenntnis gem. § 93 ZPO und räumt mit der Abgabe dieses Anerkenntnis das Mietobjekt und gibt es an den Vermieter heraus.
Nur in dieser Konstellation kommt es auf die Entscheidung an, ob die am Samstag den 03.04. ausgesprochene und in den Empfangsbereich des Mieters eingegangene Kündigung Kündigung fristgerecht erfolgt ist.
@agmü schrieb:
Kündigung zum 30.06. Am 01.07. erhebt der Vermieter Räumungsklage. Wird dem Mieter die Klage noch vor dem 31.07. zugestellt und erklärt er vor Ablauf des 31.07 gegenüber dem Gericht ein sofortiges Anerkenntnis gem. § 93 ZPO und räumt mit der Abgabe dieses Anerkenntnis das Mietobjekt und gibt es an den Vermieter heraus.
Nur in dieser Konstellation kommt es auf die Entscheidung an, ob die am Samstag den 03.04. ausgesprochene und in den Empfangsbereich des Mieters eingegangene Kündigung Kündigung fristgerecht erfolgt ist.
Bei nicht fristgerechter Kündigung würde der Kläger die Prozesskosten tragen müssen, weil "der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben" hat?
der Mieter eines Stellplatzes auf einem Gewerbegrundstück wollte natürlich so schnell wie möglich aus dem Mietvertrag heraus, weil er sein Fahrzeug verkauft hat und den Stellplatz ab sofort nicht mehr braucht.
Die Frage nach der Kündigungsfrist ist also nicht (nur) von akademischer, sondern (auch) von pekuniärer Relevanz
... allerdings gibt es in diesem konkreten Fall überraschenderweise keine Diskussionen, weil der Mieter, nachdem ich ihm den Auszug aus dem Mietvertrag (mit zweimonatiger Kündigungsfrist) kommentarlos als Screenshot geschickt hatte, geantwortet hat :
"Ich überweise Ihnen dann noch für 3 Monate. Also für August, September und Oktober"
Wenn sich schon früher ein Nachmieter findet, verkürzt sich diese Zeit.
Mir ging es bei diesem Beispiel eigentlich um die grundsätzliche Frage, wie die Kündigungsfrist im Mietrecht und vor den Gerichten gehandhabt wird.
Bei Wohnraumvermietung taucht nämlich dieses Problem mit der Kündigungsfrist oft auf, weil sich die Mieter anscheinend gerne den allerletzten Tag für die Kündigung aussuchen, was den Vermieter natürlich bei der Weitervermietung immer zusätzlich unter Zeitdruck setzt