Liebe Community,
ich stelle heute ausnahmsweise eine steuerrechtliche Fachfrage und hoffe auf einige fundierte Rückmeldungen oder Literaturempfehlungen:
Zum Sachverhalt: Die Corona-Prämie soll ausgezahlt werden. Die Höhe dieser Auszahlung an die einzelnen Mitarbeiter wird jeodch gekoppelt an Betriebszugehörigkeit/ungekündigtes Arbeitsverhältnis (Kürzung soll erfolgen bei unterjährigem Eintritt, keine Zahlung bei aktuell gekündigtem Arbeitsverhältnis) und Anwesenheitszeiten (Kürzung soll erfolgen, wenn Mitarbeiter in Elternzeit, unbezahltem Urlaub oder langzeitkrank sind).
Geht durch solche Kürzungsregelungen der Charakter der Beihilfe und Unterstützung gem. § 3 Nr.11 a EStG verloren mit der Folge, dass die Corona-Prämie genannte Zahlung tatsächlich steuerpflichtig zu behandeln ist?
Also: Gibt es in der Ausgestaltung und Formulierung von Corona-Prämie-Vereinbarungen steuerschädliche Aspektezu beachten und zu vermeiden?
Vielen Dank vorab an alle Steuerexperten und einen schönen Tag!
Mal ganz hemdsärmelig:
Die Corona-Prämie darf nicht als Ersatz für Urlaubs- oder Weihnachtsgeld bezahlt werden, den Höchstbetrag von 1.500 € nicht übersteigen, ist im Lohnkonto auszuweisen und muss natürlich "zusätzlich" zum geschuldeten Arbeitslohn bezahlt werden.
Sagt "Olaf".
Einschränkungen bezüglich einer Staffelung, Mehr- oder Minderzahlungen durch Betriebszugehörigkeit etc. sind nicht gegeben.
Mehr Infos oder gar "Literaturempfehlungen" hierzu sind m.E. in der Kürze der Existenz noch nicht bekannt. Lass mich aber gerne auch weiter aufklären.
Herzlichen Dank für die Antwort!
Dennoch:
§ 3 Nr. 11a EStG …
zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro;
Der Gesetzgeber spricht hier nicht einfach von Zuschüssen und Sachbezügen bis zu 1.500 €, sondern meiner Ansicht nach davon, dass diese Formen den Charakter von Beihilfen und Unterstützungen erfüllen müssen.
Bin ich jetzt zu kleinkariert und wittere Fallen, wo keine sind?
Meine Frage deshalb nochmal: Sind die eingangs erwähnten Kürzungen der Coronaprämie steuerschädlich?
Vielen Dank und einen schönen Tag.
Ich erkenne ihr Problem schon, sehe es aber nicht als Solches ?
Wie kommen Sie überhaupt darauf, dass eine Kürzung vorliegen soll ?
Insofern sollte man sich m.E. an die Formulierungen halten:
Die Hilfen betragen BIS ZU 1.500,00 €, also von 1 - 1.500 €. Ob und nach welchen Kriterien Sie diese zahlen oder nicht oder in der Höhe variieren, spielt m.E. keine Rolle.
Es wurde von Beginn an eindeutig kommuniziert, dass dieser Corona-Zuschuss für ALLE Branchen und Arbeitnehmer übergreifend gelten soll, welche durch " Corona" zusätzlich belastet sind.
Kritisch sehe ich es bspw. bei einer/m Steuerfachangestellten, deren Arbeitsumfeld und -umfang in der Pandemie nicht verändert hat und/oder "als Ersatz für "freiwilliges" Urlaubs- oder Weihnachtsgeld gezahlt wird.
Ich denke, der Gesetzgeber möchte genau diese Missbrauchsfälle einschränken.
Eine eindeutige Antwort auf Ihre Frage werden Sie von mir und auch sonst von niemandem zum jetzigen Zeitpunkt bekommen; das kann ich zumindest versichern.
Sie werden bis Ende Dezember keine bessere Rechtssicherheit bekommen, als die Existierende. Davon gehe ich aus, denn es wurden auf der geschilderten Rechtslage umfangreich diese Sonderzahlungen gewährt; die FAQ und die laufenden Infos gaben nichts Gegenteiliges bis heute her.
Es wäre eine Farce schlechthin, würde in drei Jahren die/das DRV/Finanzamt "neue Erkenntnisse" negativ verwerten.
Vielleicht helfen Ihnen diese Ausführungen noch ein wenig weiter:
Corona-Sonderzahlungen für Beschäftigte bis 1.500 Euro steuerfrei (Hoffe der Link ist erlaubt.)
@deusex schrieb:
Kritisch sehe ich es bspw. bei einer/m Steuerfachangestellten, deren Arbeitsumfeld und -umfang in der Pandemie nicht verändert hat
Kennen Sie Steuerfachangestellte, wo sich durch die Pandemie nichts am Arbeitsumfeld und/oder -umfang verändert hat?! 🤔
@deusex schrieb:Eine eindeutige Antwort auf Ihre Frage werden Sie von mir und auch sonst von niemandem zum jetzigen Zeitpunkt bekommen; das kann ich zumindest versichern.
Sie werden bis Ende Dezember keine bessere Rechtssicherheit bekommen, als die Existierende. Davon gehe ich aus, denn es wurden auf der geschilderten Rechtslage umfangreich diese Sonderzahlungen gewährt; die FAQ und die laufenden Infos gaben nichts Gegenteiliges bis heute her.
Es wäre eine Farce schlechthin, würde in drei Jahren die/das DRV/Finanzamt "neue Erkenntnisse" negativ verwerten.
Dieser Meinung kann ich mich anschließen. Ich rate unseren Mandanten mindestens zur Textform, wenn Zahlungen erfolgen, da in den Faqs der Finanzverwaltung von vertragllichen Vereinbarungen gesprochen wird.
Viele Grüße
T. Reich
Kennen Sie Steuerfachangestellte, wo sich durch die Pandemie nichts am Arbeitsumfeld und/oder -umfang verändert hat?!
Ja, bei zwei Mitarbeiterinnen von mir hat sich durch die Pandemie überhaupt nichts verändert; die Pandemie ist quasi arbeitstechnisch an ihnen vorbeigezogen. Sind wir mal ehrlich: Die Buchhalterinnen arbeiten weiterhin in den Buchführungen, die Steuerfachkräfte arbeiten weiter an ihren Jahresaufträgen Abschluss und Steuern 2019 und für das Corona-Management ist doch i.d.R. der Chef ggf. mit bestimmten Mitarbeitern zuständig.
Dieser Meinung kann ich mich anschließen. Ich rate unseren Mandanten mindestens zur Textform, wenn Zahlungen erfolgen, da in den Faqs der Finanzverwaltung von vertragllichen Vereinbarungen gesprochen wird.
Viele Grüße T. Reich
Hierin sehe ich schon eher Problem, da vertragliche Vereinbarungen grundsätzlich die "Freiwilligkeit" und "Zusätzlichkeit zum geschuldeten Arbeitslohn" konterkarieren könnten.
Insofern ist hier m.E. Vorsicht bei der Formulierung von Zusatzvereinbarungen bezüglich eines verpflichtenden Leistungsumfanges geboten.
Es wird in der Regel ein Schreiben an den Arbeitnehmer. Ist den meisten Arbeitgebern sowieso am liebsten. Dort kann man freiwillig, zusätzlich, für die Belastungen in der Corona-Krise usw. aufnehmen.
Was ist mit Heimarbeit, Belastungen auf dem Weg zur Arbeit, Kontakt zu Mandanten oder Ähnliches? Was ist mit den Lohnabrechnungen? Im Grunde sehe ich fast jeden Arbeitnehmer an bestimmten Stellen als betroffen an. Aber betroffen kann man unterschiedlich betrachten.
Ich denke, es sollte zumindest eine einseitige Erklärung sein. Bspw. eine betriebliche Zusatzvereinbarung: " Wer mehr Aufwand während Corona betreiben muss, kriegt was extra."
Die angesprochenen Aspekte, mit dem Mehraufwand durch Umstellung der Arbeitsweise, sind mir auch bereits in den Sinn gekommen. Für viele kann es auch eine rein mentale Mehrbelastung darstellen und man wäre wieder "drin".
Theoretisch lässt sich das Gebilde sehr weit fortpflanzen, aber dafür ist seine Lebenserwartung beschränkt. Ich denke tatsächlich es wird, wie die Corona-Hilfe I mit der "Gießkanne" ohne weitere Nachprüfung bewilligt; wer sollte denn die ganzen Klagen führen, wenngleich die Gewährung der Beihilfe rechtlich kaum abgesteckt wurde.
In dubio pro reo !
In der Praxis wurden bspw. Urlaubsgelder im Juni nicht oder nur teilweise bezahlt, aber dafür gab es eine "ordentliche" Corona-Beihilfe im August . . .
Die Gestaltungen sind hier m.E. vielfältig und ob hier überhaupt das Thema zu einem späteren Zeitpunkt Prüfungsrelevanz ergibt, wage ich zu bezweifeln.
@deusex schrieb:
Die Gestaltungen sind hier m.E. vielfältig und ob hier überhaupt das Thema zu einem späteren Zeitpunkt Prüfungsrelevanz ergibt, wage ich zu bezweifeln.
Also ich hatte einen Mandanten der fast sofort "zugeschlagen" hat. Kurz danach kam eine LSt-Außenprüfung und es spielte keine Rolle und das mit Beihilfen für die Gesellschafter-Geschäftsführer natürlich inklusive GV-Beschluss.
Vielleicht wird mal in ein oder zwei Jahren heißer daran gekocht, aber ich kann es mir kaum vorstellen. Ich halte nur trotzdem nichts von einem Freibrief für Mandanten und mahne zur Vorsicht.