Hallo Zusammen,
ich habe folgende Frage und benötige dazu Eure Hilfe:
Ich betreue einen Einkommensteuer-Mandanten und habe für diesen die ESt.-Erkl. 2022 erstellt. Hierbei habe ich festgestellt, dass sein Arbeitgeber in 2022 bei einer geringfügigen Beschäftigung die für meinen Mandanten ungünstige Versteuerung nach Lohnsteuerabzugsmerkmalen vorgenommen hat. Gegen den ESt.-Bescheid 2022 vom Finanzamt habe ich daher zunächst erstmal Einspruch eingelegt.
Mein Mandant möchte nunmehr rückwirkend ab 2022 die Pauschalversteuerung nach § 40a Abs. EStG beantragen und würde auch die 2 % Pauschalsteuer selbst tragen wollen. Sein AG verweist jedoch auf § 41c Abs. 3 EStG und lehnt eine rückwirkende Änderung ab. Auch hat er bisher keine Anzeige an das Betriebsstätten-FA gem. § 41c Abs. 4 EStG vorgenommen.
Hierbei ist m. E. jedoch noch zu berücksichtigen, dass die Lohnsteuer nach St-Kl. IV bereits 0,00 EUR betragen hat. Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs würde sich demzufolge auch gar nicht ergeben, sondern ggf. nur eine Änderung der Lohnsteuerbescheinigung 2022 mit Verweis auf die Pauschalversteuerung gem. § 40a Abs. 2 EStG, welche ich für die Begründung meines Einspruchs wahrscheinlich benötige. Denn erst bei der ESt.-Veranlagung 2022 kommt es durch die Zusammenrechnung mit anderen Einkünften des Stpfl. und die seiner Ehefrau zu einer entsprechenden ESt.-Nachzahlung die viel höher und damit ungünstiger ist, als die 2 % Pauschalsteuer auf Bezüge aus der geringfügigen Beschäftigung.
Mir ist auch schon klar, dass die 2% Pauschalversteuerung rückwirkend bei der Minijob-Zentral angemeldet und auch entrichtet werden muss. Was meint Ihr - soll ich ggf. eine Anrufungsauskunft gem. § 42e EStG beim Betriebsstätten-FA des Arbeitgebers zur Klärung vornehmen?
Hat jemand so einen Fall schon mal gehabt und kann mir hierzu Ratschläge bzw. Hilfestellung auch in der Argumentation gegenüber dem Arbeitgeber und der Finanzverwaltung geben?
Vorab vielen lieben Dank!
Klausimausi
Gelöst! Gehe zu Lösung.
Es ist die Entscheidung des Arbeitgebers ob er die Pauschalsteuer bei einem Minijobber trägt oder nach den Lohnsteuermerkmalen abrechnet .
Egal ob es für den Arbeitnehmer ungünstiger ist. Das kann und muss weder der Arbeitgeber noch der ggf. Abrechnende Steuerberater prüfen.
Der Arbeitnehmer sollte informiert worden sein. Er hat ja auch eine Lohnsteuerbescheinigungen bekommen
Ich habe beides bei Mandaten.
Eine Rückrechnung und Korrektur über Datev ist für 2022 nicht möglich.
Ich würde das auch ablehnen
Hallo Lohnnutzer,
da mein Mandant im Innenverhältnis bereit ist die 2 % Pauschalsteuer zu übernehmen (d. h. somit der Abwälzung der 2 % Pauschalsteuer auf den AN zustimmt) könnte sich meines Erachtens arbeitsrechtlich aus Treue- und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer das Ermessen auf Null reduzieren. Eine diesbezügliche Aufklärung ist meines Wissens auch nicht durch den AG erfolgt.
Darüber hinaus ist mein Mandant steuerlich und sozialversicherungsrechtlich absoluter Laie und konnte aus der Lohnabrechnung soweit Sie im überhaupt vorgelegen hat, den Unterschied in der Besteuerung nicht direkt erkennen, da das Bruttogehalt immer gleich dem Nettogehalt war in der Lohnabrechnung (denn der Lohnsteuerabzug ergab immer 0,00 EUR).
Beste Grüße
Klausimausi
Hallo @Klausimausi ,
ich schließe mich @Lohnnutzer an. Das mag im vorliegenden Fall sehr schmerzhaft sein für den Mandanten, aber leider kann man nicht alle Eventualitäten bei einem Minijobber abfragen als Arbeitgeber und beraten kann man schon mal gar nicht. Die Empfehlungen fallen ja bei einem studentischen Minijobber ganz anders aus als bei einem ledigen Renter als bei einem verheirateten Renter mit/ohne sonstige steuerpflichtige Einkünfte ...
Für 2024 kann man das bestimmt noch ändern. Dann sollte der Mandant aber auch mal an den Lohnabrechner des Arbeitgebers denken und ihm/ihr ein nettes Dankeschön zukommen lassen. Wenn der Arbeitgeber für die Nachberechnungen allerdings noch Gebühren bezahlen muss, ist er wahrscheinlich nicht dazu bereit.
Leider herrscht in der Bevölkerung noch immer der Glaube an die von der Presse lapidar als "völlig unkompliziert und abzugsfreie Abrechnung" von Minijobbern vor. Eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers scheidet in meinen Augen aus, denn wer "informiert" denn den jeweiligen Minijobber entsprechend seiner individuellen Umstände? Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers kann nicht dafür herhalten, dass das Steuersystem (obwohl immer unsystematischer) so komplex ist bzw. das Wissen der Menschen nicht ausreichend.
Sie sind doch offenbar vom Fach, so dass sie gerne mal alle möglichen Konstellationen ausarbeiten können und dann den Minijobber anhand des so entstandenen Kataloges aufklären. Wäre das nicht auch eine Idee für eine Veröffentlichung/ein Buch/Nachschlagewerk a la "Wie optimiere ich meinen Minijob?"? 😉
Viele Grüße und einen schönen Nachmittag.
Ich sehe keine Verletzung der Führsorgepflicht des Arbeitgebers.
Der Arbeitgeber kennt nicht die Umstände des Arbeitnehmers. Er hat die Steuermerkmale abzufragen und gut.
Wie der andere Kollege vor mir schon schrieb könnte nach einen Änderung ab Januar 2024 gefragt werden. Da würde ich mich auch wahrscheinlich drauf einlassen .
Aber nicht die Vorjahre.
Die Frage die ich mir jedoch stelle ist, ob der Stpfl. (AN) nicht einen rechtlichen respektive einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf die rückwirkende Änderung hat, wenn er den Arbeitgeber von der Übernahme der 2 % Pauschalsteuer im Innenverhältnis freistellt. Oder was könnte unter Angabe von gesetzlichen Normen überhaupt dagegen sprechen.
Ob das ggf. viel Arbeit macht oder dergleichen ist für mich erstmal nicht relevant. Darum geht es auch im vorliegenden Fall nicht. Das würde im Übrigen ein etwaiges Arbeitsgericht bei Weigerung des Arbeitgebers auch nicht interessieren.
Bitte versucht Euch auch mal in die Situation als Berater des Arbeitnehmers zu versetzen dessen Interessen Ihr zu vertreten habt.
Ich meine mich zu erinnern dass ein Arbeitnehmer 3 Jahre Zeit hat eine fehlerhafte Gehaltsabrechnung zu reklamieren.
Die Frage ist : ist die Gehaltsabrechnung fehlerhaft?
Hat der Arbeitnehmer einen Personalbogen unterschrieben wo steht : pauschalversteuert? Wenn die Pauschalversteuerung nicht schriftlich vermerkt wurde bzw. sogar individuelle Versteuerung vermerkt wurde, würde ich sagen, dass korrekt abgerechnet wurde .
Eine angeblich fehlende Beratung in Bezug auf die individuelle Steuerlast ist kein Fehler. Dafür ist ein Arbeitgeber nicht da.
Dafür das der Arbeitnehmer Laie ist und ggf. seine Gehaltsabrechnung nicht verstanden hat ist der Arbeitgeber nicht verantwortlich.
Das ist keine Meinung.
Ich bin kein Arbeitsrechtler und berate somit auch kein Arbeitsrecht - darf es auch nicht.
Verstehe ich Sie da richtig?
Das würde dann Ihrer Meinung/Auffassung nach bedeuten, dass nach den gesetzlichen Normen keine Korrektur der Lohn-Abrechnung in Bezug auf die Pauschalversteuerung gem. § 40a Abs. 2 EStG bei dem Arbeitnehmer mehr in 2022 möglich ist?
Moin,
das FG Nürnberg hat mit Urteil vom 16.10.2014 entschieden (AZ. 6 K 178/13), dass ein Wechsel von der normalen Versteuerung auf Pauschalversteuerung nur bis zur Übermittlung der LSt-Bescheinigung zulässig ist:
Viele Grüße
Uwe Lutz
Sehr geehrte Kollegen,
sehr geehrter Herr Lutz,
vielen Dank für die konstruktive Diskussion, Hilfe und den Gedankenaustausch in meinem vorliegenden Problemfall.
Der Verweis auf das Urteil des FG Nürnberg vom 16.10.2014 von Herrn Lutz überzeugt mich nunmehr an dieser Stelle in der Recherche aufzugeben.
Auch wenn mich das Ergebnis als Berater in Bezug auf meinen Mandant nicht zufrieden stellt, kann ich mit dieser Fundstelle leben und meinen Frieden finden. 😬 😬 🤔
Beste Grüße
Klausimausi