Hallo,
wir sind durch eine Anfrage eines Arbeitgebers in eine Kollegen-Diskussion geraten:
Ein Arbeitgeber plant, einmalig eine Prämie von 500 Euro bzw. 1.000 Euro an mehrere Arbeitnehmer auszuzahlen.
Die Frage ist, ob diese Zahlung pauschal mit Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 EStG versteuert werden kann.
(Andere sonstige Bezüge wurden/werden nicht gezahlt.)
• M. E. ist die pauschale Versteuerung nach Antrag beim Betriebsstättenfinanzamt durchaus möglich (§ 40 EStG iVm R 39b.2 LStR und § 1 I SvEV).
• Allerdings besagen § 1 I SvEV und § 23a SGB IV, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt trotz Pauschalversteuerung nicht sv-frei ist.
• Somit wäre eine Zahlung an geringfügig Beschäftigte nicht möglich, da sich sv-rechtlich das ohnehin gezahlte Entgelt erhöhen und somit die Geringfügigkeitsgrenze überschritten würde.
Wer hier in der Community hatte schon einmal diesen Fall, am besten durch eine Prüfung abgesichert?
Hallo @ulli_preuss ,
auch wenn das nicht die Antworten auf Ihre Fragen sind, stelle ich mal diese Überlegungen an:
1. Sofern die Prämie von 500 € für Minijobber gedacht sind und bei diesen die 50-€-Sachbezugsgrenze noch nicht in Anspruch genommen wurde, könnte man über 10 Monate hinweg diesen Weg nutzen.
2. Sofern die "Nebenkosten" keine Rolle spielen und die Motivation der Mitarbeiter im Vordergrund steht, könnte man auch hier über einen nach § 37 b EStG pauschalbesteuerten Sachbezug nachdenken, bei dem der AG alle SV-Beiträge übernimmt.
VG
Hallo @lohnexperte ,
vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Die von Ihnen vorgeschlagenen Möglichkeiten sind mir durchaus bekannt, aber seitens des Betriebes nicht interessant.
Die Frage ist vielmehr, ob möglicherweise wegen der beginnenden Urlaubssaison mal wieder irgendwelche windigen Tipps in der "Bäckerblume" oder auch "B**D" standen, die dann auch noch nicht einmal zu Ende gelesen wurden.
Und selbstverständlich sollte man solche Nachfragen insofern Ernst nehmen, als dass man ja auch nicht alles wissen kann und sich gerade im Bereich Lohnabrechnung ständig Änderungen ergeben, Ebenso ist es wichtig, sich selbst bzw. das eigene Wissen und Handeln immer wieder zu hinterfragen, denn nur weil man irgendetwas seit Jahren "so" macht, heisst dies ja nicht, dass das auch richtig ist.
In meinem Fall war es die Annahme des Mandanten, die 500 oder auch 1.000 Euro als sonstigen Bezug mit 25%iger Pauschalversteuerung und somit sv-frei auszahlen zu können, also Brutto = Netto.
Bargeld ist immer Lohn, soweit > als die bekannten (ggfls. Sachbezüge) 50 € bzw. 60 € oder Erholungsbeihilfen.
@cro
Das ist/war mir durchaus klar und den Rest habe ich in meinem Ausgangsbeitrag bereits geschrieben.
Meine Antwort an den fragenden Mandanten (ausführlicher deshalb, weil bei einem schlichten "geht nicht" ohnehin die Frage "Warum nicht?" gekommen wäre):
Sehr geehrter XXX,
die von Ihnen angedachte Auszahlung einer Prämie ist zwar grundsätzlich möglich, allerdings bezweifle ich, dass die korrekte Abrechnung aufgrund der verschiedenen gesetzlichen Vorschriften dem Gewünschten entspricht:
- Prämien aller Art sind grundsätzlich steuerpflichtiger Arbeitslohn (§ 19 EStG - Einzelnorm, Abs. 1, R 39b.2 LStR) und ebenso sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt (§ 14 SGB 4 - Einzelnorm, Abs. 1), da es sich um Geldleistungen handelt, welche Barlohncharakter haben (§ 8 EStG - Einzelnorm, Abs 1, § 23a SGB 4 - Einzelnorm, Abs. 1).
- Bei der Bewertung sind Steuer- und Sozialversicherungsrecht aufgrund von gegenseitigen Verweisen in einzelnen Vorschriften gemeinsam zu betrachten; für die Abrechnung gelten aber getrennte rechtliche Vorgaben.
- Steuerrechtlich gesehen handelt es sich wegen der einmaligen Zahlung um einen sonstigen Bezug. Neben der Regelbesteuerung über die individuellen ELStAM des jeweiligen Mitarbeiters hat der Gesetzgeber ein vereinfachtes Verfahren zur Berechnung der Lohnsteuer für die Bezüge von Arbeitnehmern in bestimmten Fällen geschaffen (§ 40 EStG - Einzelnorm).
- § 40 Absatz 2 regelt die Anwendung der festen Pauschsteuersätze von 25 % bzw. 15 % auf bestimmte Arten von Zahlungen oder Sachleistungen (abschließende Auflistung). Damit wird nach § 1 SvEV - Einzelnorm, Abs. 1 Nr. 3 Sozialversicherungsfreiheit ausgelöst.
- § 40 Absatz 1 lässt eine Lohnsteuerpauschalierung von sonstigen Bezügen bis zu 1.000 Euro/Kalenderjahr mit einem besonderen Steuersatz zu, sofern diese einer größeren Zahl von Arbeitnehmern gezahlt werden. Allerdings muss diese Pauschalierung beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt beantragt werden (S. 1). Diesem Antrag ist eine umfangreiche Berechnung (S. 4) hinzuzufügen; ein fester Pauschsteuersatz ist in diesen Fällen nicht vorgesehen.
Hinweis: Ein solcher Antrag zur besonderen Pauschalierung löst trotz Genehmigung durch das Finanzamt regelmäßig ein Prüfsignal im Lohnsteuer-Bezirk aus und es ist mit einer zeitnahen Lohnsteuer-Außenprüfung gemäß § 42f EStG zu rechnen.
- Sozialversicherungsrechtlich gesehen handelt es sich wegen der einmaligen Zahlung um einen Einmalbezug = einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (§ 23a Abs. 1 S. 2 Nr.3 SGB 4). Die Anwendung des besonderen Steuersatzes löst in diesem Fall keine Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung aus.
- Bei gewerblichen Arbeitnehmern bzw. Angestellten fallen ggf. auch Sozialversicherungsbeiträge über der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze an.
- Bei geringfügig Beschäftigten kann ein Einmalbezug zu einer Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze von derzeitig 556 Euro/Monat führen. Sofern die jährliche Verdienstgrenze von 6.672 Euro (2025: 556 Euro x 12 Monate) dabei nicht überschritten wird, verbleibt es bei dem Minijob. Die Verdienstgrenze gilt für volle 12 Monate, bei einer kürzeren Beschäftigungsdauer ist sie entsprechend zu kürzen. Wird die Verdienstgrenze allerdings überschritten, tritt die sofortige Sozialversicherungspflicht ein.
Hinweis: Die Sonderfallregelung für ein gelegentliches und unvorhersehbares Überschreiten greift hier nicht.
Fazit:
Die angedachten Prämien sind steuerpflichtig, könnten aber mit erheblichen Aufwand auch mit einem besonderen Pauschsteuersatz versteuert werden, sofern natürlich in diesem Jahr keine weiteren sonstigen Bezüge gezahlt werden und somit die Grenze von 1.000 Euro überschritten wird.
Sie sind zudem auch beitragspflichtig.
Als Antwort kam übrigens zurück:
[...] typisch Deutschland. Noch komplizierter geht’s nicht.
Konsequenz: Es gibt nichts!
Tja.