Werte Kollegen/Innen,
ich konnte einem Mandanten nicht ausreden, sich an einer EWIV zu beteiligen. Der Mandant hat ein kleines Dienstleistungsunternehmen ohne jegliches Betriebsvermögen.
Der Mandant geht fest davon aus, mit der EWIV Steuern zu sparen - was mir ein Rätsel ist, wie das funktionieren soll. So wie ich - ohne Erfahrungen mit EWIV zu haben - das System einer EWIV verstanden habe, handelt es sich bei solch einer "Gesellschaft" nicht um eine operative Unternehmensform, sondern die verwaltet ja nur Vermögen innerhalb mehrerer Mitgliedstaaten. "Unternehmensgegenstand darf lediglich die Zusammenarbeit der Mitglieder sein, nicht die Ausübung einer eigenen gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit".
Nun wurden 5.000 € Mitgliedsbeitrag gezahlt, den der Mandant als Betriebsausgabe abgesetzt wissen will. Man hätte ihm das mehrfach bestätigt, dass das so anzuerkennen sei.
Doch ich frage mich, wo hier die betriebliche Veranlassung für die Zahlung dieses Mitgliedsbeitrags zu sehen ist? Ich sehe keine direkte Förderung des Einzelunternehmens des Mandanten?
Vorgelegt wurde mir ein "Beleg Mitgliedsbeitrag: hiermit bestätigen wir Ihnen den Eingang Ihres Mitgliedsbeitrages für satzungsmäßige Zwecke in Höhe von...Diese Bescheinigung ist zur Vorlage bei Ihrem Finanzamt erstellt. Rechtsgrundlage dafür ist die Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 vom 25.07.1985 und das EWIV-Ausführungsgesetz vom 14.04.1988."
In dieser Verordnung heißt es z.B.
Zweck
Der Zweck der Vereinigung soll sein, die wirtschaftliche Tätigkeit ihrer Mitglieder zu erleichtern oder zu entwickeln, indem Mittel, Tätigkeiten oder Erfahrungen zusammengeschlossen werden. Dies wird zu besseren Ergebnissen führen, als wenn die Mitglieder einzeln vorgingen.
Hat jemand Erfahrung mit solchen EWIV-Fällen? Hat jemand so einen Mitgliedsbeitrag schonmal als Betriebsausgabe angesetzt und würde mir seine Begründung verraten? Oder Argumente gegen den Ansatz als Betriebsausgabe?
Hallo liebe Kollegin,
Ich habe das gleiche Problem.
Für mich ist der Betriebsausgabenabzug fragwürdig und die angeblich steuerfreie Rückzahlung ebenso.
Gegen den Ansatz als Ausgabe spricht dass der Mandant das Geschäft nur tätigt weil er unbedingt weiß dass er das Geld zu 90% zurück erhält. Ich sehe auch nicht welche Interessen durch die EWIV für meinen Mandanten vertreten werden sollen. Für mich sieht das nach Geldwäsche und Steuerhinterziehung aus.
Ich hatte überlegt einen Haftungsausschluss mit dem Mandanten zu vereinbaren aber letztendlich trage ich die Verantwortung und ich kann das nicht als Betriebsausgabe verbuchen. Deswegen werde ich das Mandat niederlegen.
Danke, das hatte ich schon gesehen, gut dargestellt.
Ich denke, dass sich unser Berufsstand mit solch EWIV-Gestaltungen auseinander setzen muss, da sie immer mehr "daher kommen"...
Im Endeffekt kommt man wohl nicht umhin, den "Einzelfall" zu prüfen - das mache ich gerade (wobei ich noch in der Informationsbeschaffung stecke).
Wenn ich auf sinnhafte Erkenntnisse stoße, melde ich mich.
Guten Tag werte Kollegen,
klar ist, dass jede Gesellschaftsform - so auch die EWIV als älteste europäische Gesellschaftsform - für unlautere Tätigkeiten und auch für Steuerhinterziehung missbraucht werden kann. Da jeder Teilnehmer (Täter u. Gehilfe) auch gem. § 71 AO für die hinterzogene Steuern haftet, sollte man tunlichst solche Mandate nicht bearbeiten bzw. das Mandat sofort beenden.
Die Gestaltung, dass im Kleid einer EWIV "Mitgliedsbeiträge als Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG vom Mandanten bezahlt werden und dann sofort zu 90 % an den Mandanten zurückfließt oder für private Ausgaben gem. § 12 Nr. 1 EStG des EWIV Mitgliedes verwendet werden, sind natürlich gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO eine Steuerhinterziehung. Der Steuerberater, der hier mitwirkt, ist ein Teilnehmer. Sofern hier mehrere Teilnehmer oder Täter vorhanden sind, haben wir eine Bande und daher u.U. eine schwere gewerbliche Steuerhinterziehung § 370 Abs. 3 Nr. 5 AO.
Aber der Großteil der EWIV z.B. Fernsehsender arte GEIE (= französisch EWIV, französisch groupement européen d'intérêt économique) sind seriös und europäische Unternehmen können sich zu einer EWIV zusammenschließen, damit die EWIV sie unterstütz und fördert, damit die Mitglieder der EWIV im gemeinsamen Europäischen Markt durch die EWIV gefördert werden, um mehr Umsatz und Gewinn zu machen.
So sieht es die EU-EWIV Verordnung vor. Sofern die Beiträge im Rahmen der Satzung erhoben werden und die EWIV tatsächlich die Mittel satzungskonform und im Rahmen der EWIV-EU Verordnung verwendet, sind diese Beiträge Betriebsausgaben, sofern diese betrieblich veranlasst sind. (§ 4 Abs. 4 EStG). Auch bei der EWIV bleiben private Ausgaben privat oder müssen anteilsmäßig bei gemischten Aufwendungen z.B. betrieblich veranlasste Reisen mit rein betrieblichen Teil z.B. Kongress oder Messe und privaten Anteil z.B. Verlängerung der Reise für Badeurlaub) abgezogen werden.
Hierzu zählen auch Beiträge an Berufsverbände bzw. Wirtschaftsverbände und Wirtschaftsvereinigungen wie die EWIV.
Nach der Rechtsprechung sind Beitragszahlungen an eine Vereinigung, die als "Berufsverband ohne öffentlich-rechtlichen Charakter" nach § 4 Abs. 1 Nr. 8 KStG 1968 von der Körperschaftsteuer befreit ist, als Betriebsausgaben abziehbar, wenn die Ziele der Vereinigung geeignet sind, den Betrieb des Beitragszahlenden zu erhalten und zu fördern.
Vgl. BFH-Urteil vom 18.9.1984 (VIII R 324/82) BStBl. 1985 II S. 92
Also bitte die EWIV nicht verteufeln, sondern die Chance für die Mandanten sehen und im Zweifel dann eben im Vorfeld eine Verbindliche Auskunft gem. § 89 Abs. 2 AO vor der Gestaltung beim Finanzamt für den Mandanten einholen. Dann ist man als Berater und auch der Mandant auf der sicheren Seite. Aber bitte den Sachverhalt richtig formulieren bei der Verbindlichen Auskunft, den der Mandant plant.
Gerne unterstütze ich bei einer verbindlichen Auskunft im Zusammenhang mit Betriebsausgaben und EWIV.