Hallo zusammen,
leider blicke ich durch den "Dschungel" an verschiedenen und teils widersprüchlichen Informationen zum Thema "verbundene Unternehmen" nicht mehr ganz durch.
Mein Fall sieht wie folgt aus:
1) GmbH A (beteiligt sind hier die beiden Söhne A und B mit jeweils 50 %)
2) GmbH B (gehört alleinig dem Vater C zu 100 %)
beide Unternehmen sind im selben Markt/Umfeld tätig.
Liegt hier aufgrund der familiären Nähe schon ein verbundenes Unternehmen vor? Nach meiner Auffassung nicht, da die Brüder A und B keinen beherrschenden Einfluss auf die GmbH B des Vaters haben, oder? Es liegen keinerlei Beteiligungen vor, auch wird keine gleiche Homepage / Auftritt etc. genutzt. Eine Überschneidung bei Mitarbeitern gibt es auch nicht, geschweige denn sonstige Verträge etc. Die GmbH B des Vaters ist lediglich einer (von vielen) Zulieferern für Ware, die GmbH A vertreibt.
Über eine Einschätzung würde ich mich sehr freuen
Viele Grüße
Maria Ahlers
Da zitiere ich mich einfach mal selbst aus diesem Thread:
Überbrückungshilfe IV seit 07.01.2022 beantragbar – Seite 7 - DATEV-Community - 262108
Da ging es nämlich genau darum, daß Bewilligungsstellen die bloße familiäre Beziehung bereits als Beweis für einen Unternehmensverbund heranziehen. Wenn bei Ihnen sogar noch die benachbarten Märkte dazukommen und sogar noch wechselseitige Lieferbeziehungen vorhanden sind, wird sicher ein Unternehmensverbund angenommen werden.
In dem Thread ging es um völlig unterschiedliche Firmen.
Ihr Fall ist da ja aus Sicht der Bewilligungsstellen wesentlich eindeutiger ein Unternehmensverbund.
@andrereissig schrieb:
Na ja, das hat sich eingeschlichen, nachdem eine Konkretisierung in die Fußnoten zu Punkt 5.2 aller FAQs Einzug gehalten hat, die da lautet:
Familiäre Verbindungen gelten als ausreichend für die Schlussfolgerung, dass natürliche Personen gemeinsam handeln.
Dadurch nehmen die Bewilligungsstellen bei familiären Verflechtungen mittlerweile reflexartig einen Unternehmensverbund als gegeben an. Da kann die Schwester einen Chemiekonzern besitzen und der Bruder einen veganen Fahrradladen und schon sind das verbundene Unternehmen.
Das interpretieren die Bewilligungsstellen aus der
EU-Verordnung Nr. 651•/•2014 DER KOMMISSION - vom 17. Juni 2014
aus Anhang I, Artikel 3.
Allerdings gibt es hierzu ja bereits vorherige Entscheidungen, die besagen, daß familiäre Verbindungen erstmal nur ein erster Hinweis auf verbundenen Unternehmen sind, die durch weitere Indikatoren zu konkretisieren wären, wie z. B. in
wo schon 10 Jahre zuvor entschieden wurde, daß der familiäre Verbund allein nicht ausreicht.
Große Kanzleien sehen darin ja mittlerweile sogar einen möglichen Verstoß gegen das Grundgesetz:
Corona-Wirtschaftshilfe: Familie als verbundenes Unternehmen? | Fieldfisher
(Hochinteressanter Artikel!!!)
Fazit: Viele Bewilligungsstellen sehen familiäre Beziehungen mittlerweile als direkten Beweis für einen Unternehmensverbund.
Ob das rechtlich durchsteht ist mindestens fragwürdig, wenn es keine darüber hinausgehenden Indikatoren gibt.
Leider wird sich das wohl nur auf dem Klageweg im Rahmen des bevorstehenden Rechtsbildungsprozesses rund um die Überbrückungshilfen klären lassen.
Argumentativ werden Sie da bei der Bewilligungsstelle vermutlich wenig ausrichten können, da dort nach "Schema F" gearbeitet wird.
Hallo!
Vielen Dank für die schnelle Antwort. Diese Antwort/gute Schilderung von Ihnen habe ich in dem anderen Thread auch schon aufmerksam gelesen. In meinem Fall hier wurde der Antrag beider GmbHs bereits einzeln bewilligt von der Bewilligungsstelle und kein Verbundunternehmen angenommen.
Mich hat nur diese Diskussion bzgl. der FAQ-Ergänzung sehr verunsichert, weshalb ich mich frage, ob ggf. das Risiko eines nachträglichen Änderungs- oder Ablehnungsbescheids besteht.
Ich verstehe es so: Rechtlich dürfte hier (da es keinen beherrschenden Einfluss von den Söhnen auf die GmbH des Vaters [und umgekehrt] gibt) kein Verbundunternehmen vorliegen, leider urteil(t)en aber einzelne Bewilligungsstellen anders, was letztendlich dann auf dem Klageweg entschieden werden muss. Verstehe ich das richtig?
Eine Rückfrage habe ich (leider) noch :-):
Die genannten Beispiele im Leitfaden der Steuerberaterkammer zu dem Thema (meiner Ansicht nach auch auf meinen Fall andwendbar) sind hier ja eigentlich eindeutig, oder?
Beispiel 3a
Beispiel 3b
Andere Anteilsverhältnisse: Restaurant (1): A: 60 %, B: 20 % und C: 20 %. Restaurant (2): B: 25 %, C: 25 %, 😧 50 %.
-> Keine verbundenen Unternehmen: B und C sind eine Gruppe gemeinsam handelnder Personen, die keinen beherrschenden Einfluss in beiden Unternehmen haben und auch im Übrigen keine Beziehung Ziff. 2.4 der Richtlinie und Art. 3 Abs. 3 Anhang I AGVO vermitteln.
Lediglich das Beispiel 4b irritiert mich. Hier ist wahrscheinlich die Besonderheit, dass es sich um Einzelunternehmen der jeweiligen Ehepartner handelt, oder?
Beispiel 4b
Die Ehefrau und der Ehemann führen jeweils eine eigene Gaststätte.
-> Verbundene Unternehmen, da diese Einzelunternehmen zwar rechtlich selbstständig sind, die Unternehmen jedoch durch eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen (hier: familiäre Bindung qua Ehe) miteinander verflochten sind (vgl. Ziff. 2.4 der Richtlinie und vgl. Art. 3 Abs. 3 Anhang I AGVO).
@Maria_Ahler79 schrieb:
Ich verstehe es so: Rechtlich dürfte hier (da es keinen beherrschenden Einfluss von den Söhnen auf die GmbH des Vaters [und umgekehrt] gibt) kein Verbundunternehmen vorliegen, leider urteil(t)en aber einzelne Bewilligungsstellen anders, was letztendlich dann auf dem Klageweg entschieden werden muss. Verstehe ich das richtig?
Selbst die Entscheidungen der Bewilligungsstellen geben hierzu bereits kein einheitliches Bild ab, daher können wir an dieser Stelle nur Mutmaßungen anstellen.
Grundsätzlich würde ich sagen: Ja, es besteht durchaus das Risiko eines Ablehnungsbescheides im Rahmen der Abschlussprüfung.
Nun habe ich einen Fall wie Ihren noch nicht erlebt, würde aber sagen, daß man das in der Schlussabrechnung durchaus noch geradeziehen kann.
Hier könnte man z. B. einen Antrag komplett zurückzahlen, da das Unternehmen nicht einzeln antragsberechtigt war und anschließend einen gemeinsamen Antrag über das andere Unternehmen stellen, der dann ja logischerweise höher ausfallen müsste und zu einer Nachzahlung führen sollte.
Mein Ratschlag wäre, das Ganze einmal mit der Bewilligungsstelle abzustimmen.
@Maria_Ahler79 schrieb:
Lediglich das Beispiel 4b irritiert mich. Hier ist wahrscheinlich die Besonderheit, dass es sich um Einzelunternehmen der jeweiligen Ehepartner handelt, oder?
Ja, das ist das typische Beispiel, daß hierfür herangezogen wird.
Vermutlich muss man hier für jeden Einzelfall bei Problemen in die Diskussion gehen, da die Bewilligungsstellen in der Auslegung wahrscheinlich genauso verunsichert sind, wie wir.
vielen herzlichen Dank für die erneuten Rückmeldungen. Ja, ich denke dass diese Konstellation der rechtlich eigenständigen Einzelunternehmen von Ehepartnern ggf. falsch interpretiert wird von den Bewilligungsstellen.
In meinem Fall geht es ja um zwei juristische Personen, wo trotz familiärer Nähe keinerlei Beteiligungen und auch an anderer Stelle keine Beherrschungsmöglichkeiten untereinander bestehen = Kein Verbund.
In 4b haben wir Einzelunternehmen ohne Rechtspersönlichkeit, die dann wahrscheinlich in der Rechtspersönlichkeit der natürlichen Person aufgehen. Da die beiden verheiratet sind, unterstellt die Bewilligungsstelle dann ein gemeinsames Handeln aufgrund der familiären Verflechtung = Verbund.
Was aber (wie sie schreiben) auch noch gerichtlich zu prüfen wäre.
So, noch ein (letzter) Nachtrag, nachdem ich nun den Leitfaden zu Verbundunternehmen der Steuerberaterkammer drei mal gelesen habe :-). Die relevanten Stellen habe ich einmal fett markiert.
In Ziffer 2.4 der Richtlinien und Ziffer 5.2 der FAQ Bund wird der Begriff der verbundenen Unternehmen definiert, wobei auf die EU-Definition abgestellt wird (u.a. Benutzerleitfaden zur Definition von KMU, S. 21; S. 33).
Dabei ist im Subventionsrecht auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Bewilligungsstelle abzustellen, d.h. nachträgliche Änderungen können nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden.
Zwei oder mehr Unternehmen sind miteinander verbunden, wenn sie eine der folgenden Beziehungen eingehen:
a) Ein Unternehmen ist verpflichtet, einen konsolidierten Jahresabschluss zu erstellen
b) Ein Unternehmen hält die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens; (Hinweise: Mutter-Tochter-Unternehmen, zu recherchieren im Handels-, Partnerschafts-, Genossenschaftsregister)
c) Ein Unternehmen ist berechtigt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs-oder Aufsichtsgremiums eines anderen Unternehmens zu bestellen oder abzuberufen; (Hinweis: Gesellschaftsvertrag oder Gesellschaftervereinbarung)
d) Ein Unternehmen kann gemäß einem zwischen den Unternehmen geschlossenen Vertrag (z.B. Beherrschungsvertrag) oder aufgrund einer Klausel in der Satzung eines der Unternehmen einen beherrschenden Einfluss auf das andere Unternehmen ausüben; (Hinweise: Benutzerleitfaden der KOM S. 33; Handels-, Partnerschafts-, Genossenschaftsregister oder Transparenzregister, evtl. Prüfung der Gesellschaftsverträge)
e) Ein Unternehmen kann gemäß einer Vereinbarung die alleinige Kontrolle über die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter in einem anderen Unternehmen ausüben. (Hinweis: Handelsregister oder Transparenzregister).
Unternehmen, die durch eine natürliche Person oder eine gemeinsam handelnde Gruppe natürlicher Personen miteinander in einer der genannten Beziehungen (a-e) stehen, gelten gleichermaßen als verbundene Unternehmen, sofern diese Unternehmen ganz oder teilweise in demselben Markt oder in benachbarten Märkten tätig sind. Auf die örtliche Nähe kommt es hierbei grundsätzlich nicht an. Nicht ausreichend ist es jedoch, dass eine natürliche Person lediglich an mehreren Unternehmen beteiligt ist. Hinzukommen muss immer die Beherrschung iSv 2.4 a-e, in der Praxis oftmals das Halten der Mehrheit der Unternehmensanteile bei dieser natürlichen Person oder Personengruppe. (vgl. Urteil des EuGH vom 27.02.2014 – C-110/13).
Das Merkmal der gemeinsam handelnden Gruppe natürlicher Personen ist insbesondere bei Gruppen mit „familiärer Verbindung “(vgl. Amtsblatt EU L-353-60 TZ 14 und 48) anzunehmen. Nach dem Benutzerleitfaden der KOM S. 34 gelten familiäre Verbindungen als ausreichend für die Schlussfolgerung, dass natürliche Personen gemeinsam handeln. Hierunter fallen ausgehend vom Antragsteller insbesondere Eheleute, eingetragene Partnerschaften, Kinder, Eltern und Geschwister. Weiter entfernte Familienangehörige sowie Stiefkinder und Lebensgefährten werden nicht dazu gezählt. Die Stimmanteile können dabei unterschiedlich verteilt sein. Entscheidend ist, dass die Gruppe insgesamt einen beherrschenden Einfluss auf die zu betrachtenden Unternehmen hat. In diesem Fall handelt es sich immer um verbundene Unternehmen. Anders ist es, wenn die Familienmitglieder zwar beteiligt sind, aber insgesamt keinen beherrschenden Einfluss nach Ziffer 2.4 a-e ausüben können.
Also eindeutig, dass trotz familiärer Bindung immer mindestens einer der genannten Kriterien a-e (Stichwort Beherrschung) erfüllt sein muss für einen Unternehmensverbund. Auch derselbe /benachbarte Markt setzt mindestens eines der Kriterien a-e voraus für einen Unternehmensverbund.
Hallo,
zu dem Thema habe ich aktuell auch eine Frage:
Vater und Sohn betreiben jeweils eine Bar als Einzelunternehmer. Alles was ich bisher gelesen habe ist, dass es sich hier im Rahmen der Überbrückungshilfen klar um verbundene Unternehmen (vU) handelt. Sie haben sonst keinerlei geschäftliche Beziehungen zueinander.
Der Vater hat die Schlussrechnungen bereits eingereicht. (anderer Steuerberater). Im Ergebnis würde auch im Verbund kein anderes Ergebnis raus kommen. Gleiche Hilfen beantragt mit den gleichen Sätzen.
Es lässt sich ja darüber streiten, ob es sich im Einzelfall um ein vU handelt. Gerade auch im Hinblick auf die Gleichstellung zu den Schaustellern.
1. Stb des Vaters kann seine Schlussrechnung irgendwie zurückziehen und es wird ein gemeinsamer Antrag abgegeben, wobei hier ein Stb die Daten des anderen nochmals prüfen muss. Weitere Kosten kein Mehrwert für irgend jemand. Außerdem akzeptiere ich dann die Meinung das die beiden unwiderlegbar vU sind.
2. Ich gebe für den Sohn auch eine Schlussrechnung ab und weise per Begleitschreiben klar auf den Sachverhalt und die Situation hin. Aufgrund des Aufwands tendiere ich mit der Kollegin des Vaters zu dieser Variante. Eventuell hat hier jemand den Fall schon einmal mit einer Bewilligungsstelle durch.
Vorab schon mal vielen Dank an alle die hier immer fleißig antworten.