Moin in die Runde,
Die Kolleg*innen in Niedersachsen mit Anwalt in der Kanzlei werden es mitbekommen haben.
Nach einem Update der beA war der Intermediär zwischen dem 29.11 und dem 1.1 nicht erreichbar.
Um Fristen einzuhalten mussten dann ein paar Sonderfahrten gemacht werden.
Das hat hier logischerweise etwas Unbehagen verursacht.
Ich hab bisher nie wirklich Gedanken zur Funktionsweise der verschiedenen EGVP-Dienste gemacht und habe ein paar Verständnisfragen.
Nachdem der Intermediär ausgefallen war, lief beSt problemlos weiter.
Ich habe im Netz keine wirklich exakte Differenzierung zwischen den Funktionsweisen der Dienste gefunden und schließe daraus, dass die beSt und beA nicht den selben Intermediär verwenden und der Aufbau in etwa wie folgt sein muss:
1. Ist diese Annahme soweit korrekt und haben beBPo, beN und eBo jeweils alle ihre eigenen Intermediäre?
2. Könnte bei Ausfall des beA ein Anwalt bei uns eine Nachricht signieren und dann über das beSt eines/r Kolleg*in versenden? (Sowohl technisch, als auch juristisch?) Es kommt meiner Meinung ja an. Und am Ende ist der Zusteller ja irrelevant, wenn im Inhalt der Anwalt signiert und somit eine Authentifizierung gewährleistet. (Selbiges gilt für die Nutzung von eBo?)
Zudem hat mich ein Anwalt bei uns darauf hingewiesen, dass er der mitgeteilt bekommen hat, dass das beBPo auch für Anwälte eingerichtet werden kann. So wie ich es verstanden habe ist das beBPo jedoch Behörden und juristischen Personen öffentlichen Rechts vorbehalten.
Da würde nach meinem Verständnis ein Anwalt rausfallen. Oder liege ich hier komplett falsch?
Ich freue mich auf jede konstruktive Antwort.
MfG Candorian
Gelöst! Gehe zu Lösung.
Moin @Candorian ,
ich versuche, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit die aufgeworfenen Fragen und Gedanke zu beantworten, wie folgt:
beA, beSt, beN, beBOP, eBO sind Angebote die sich an unterschiedliche "Zielgruppen" richten, von unterschiedlichen Anbietern angeboten und betrieben werden und (nur) im Kern auf die Infrastruktur des EGVP aufsetzen.
Das beA wird im Auftrag der BRAK durch die Wesroc GbR betrieben, das beSt wird im Auftrag der Bundessteuerberaterkammer durch die DATEV eG betrieben, wer genau das beN als technischer Betreiber im Auftrag der Bundesnotarkammer betreibt ist mir nicht bekannt. Gleiches gilt für die beBOP und das eBO.
Untereinander kommunizieren diese Systeme über die Infrastruktur des EGVP, welches nach meinem Wissensstand von der Governikus GmbH & Co KG entwickelt und betreut wird.
Solange sich die Kommunikation innerhalb der Infrastruktur des jeweiligen Betreibers bewegt, sind Störungen in anderen Teilbereichen des Netzes i.d.R. ohne Konsequenzen; mit anderen Worten: fällt beSt, beN, beBOP, etc. aus lassen sich beA-Nachrichten dennoch zwischen Kollegen austauschen, gleiches gilt für beSt-Nachrichten, sollten die Server der BRAK ausfallen.
Daher konnten trotz Störung des Intermediärs der niedersächsischen Gerichte beSt-Nachrichten an Kollegen, die Finanzverwaltung, aber auch beA-Nachrichten die nicht an die Justiz adressiert waren ausgetauscht werden. Nachrichten an die Justiz außerhalb Niedersachsens konnten ebenfalls versendet werden.
Problematisch sind die Fälle, und die Störung am Intermediär der niedersächsischen Gerichte ist/war so ein Fall. Wenn beim "Empfänger" (sei es Wesroc, sei es DATEV, sei es IT.NRW) technische Probleme bestehen, ist es irrelevant, von wo aus eine Nachricht versendet wird. Der Empfänger kann die Nachricht nicht entgegennehmen.
Ihre 1. Frage würde ich daher wie folgt beantworten: Nicht jedes "besondere elektronische Postfach" hat einen Intermediär. das beA kennt diese Funktion nicht. Jedes besondere elektronische Postfach wird von einer anderen Institution "verantwortet" die die technische Umsetzung selbst definiert (Ich erinnere nur an das technisch kommunikative Desaster der BRAK bei Einführung des beA).
Ihre 2. Frage lässt sich m.E. wie folgt beantworten: Technisch kann ein Schriftsatz auch über ein beSt versendet werden. Rechtlich dürfte das beSt unter § 130a Abs. 4 Nr. 4 ZPO fallen, denn der beSt-Inhaber muss nach meiner Kenntnis identifiziert werden.
Neu wäre mir, dass dem Anwalt das besondere elektronische Behördenpostfach zugänglich wäre; anderes gilt für das besondere elektronische Bürger- und Organisationspostfach. Dieses kann sich jedermann einrichten, d.h. auch ein Anwalt.
Allerdings halte ich dieses - weitere - Postfach für wenig hilfreich, sollte auf Seiten des Empfängers Störungen bestehen.
Dadurch, dass das eBO vermutlich technisch von den selben Unternehmen/Institutionen betrieben wird, wie die Infrastruktur der Justiz halte ich es für höchst wahrscheinlich, dass bei der Störung der einen auch die weitere Infrastruktur gestört ist.
Darf dieser Seite Mein Justizpostfach | Startseite (bund.de) geglaubt werden, wird das ebo durch diese Anwendung abgelöst.
mfg
@agmü
Danke dir für die ausführliche Antwort!
Für Freunde des technischen Fortschritts:
Falls man sich ein "mein Justizpostfach" zulegt, kann man in der Tat sowohl an Anwälte als auch an Steuerberater Nachrichten senden - der Empfänger bekommt dann allerdings als Absender "mjp egvp-connector technischer nutzer search" angezeigt und: Eine Antwort kann man leider noch nicht schreiben!
Und das, obwohl vollmundig erklärt wird:
"Mein Justizpostfach bietet für den Pilotbetrieb Grundfunktionen, steht voll funktionsfähig zur Verfügung und wird kontinuierlich weiterentwickelt und um zusätzliche Funktionen ergänzt."
Achso: Eine Eingangsbenachrichtigung macht deswegen auch gar keinen Sinn:
"Derzeit können Sie noch nicht automatisch benachrichtigt werden, wenn eine neue Nachricht an Sie eingegangen ist. Bitte prüfen Sie daher in regelmäßigen Abständen den Eingang einer neuen Nachricht."
Aber bleiben wir zum Jahresende hoffnungsvoll: Alles wird besser!
@Felix_Richter schrieb:
Alles wird besser!
Ja, viel schlechter geht ja auch in 2023 nicht mehr 😂. Deutschland entdeckt die 0️⃣ und 1️⃣ - wir schaffen das! Da kann die E-Mail aus 1971 ja technisch mehr.
Ich will kein eBO. Das wird so schlecht, dass man besser eine Nummer beim Amt ziehen geht. Wobei - wenn das denn überhaupt noch geht. Die www.sit.nrw ist bis heute seit dem 30.10 nicht wieder online. Und viele Kommunen mit. Gestern kam im WDR, dass einige Behörden noch Formulare auf Papier vorrätig hatten und die Schreibmaschine bemühen 😂.
Vergesst es. Wir können das Beste draus machen. Gut wird's dann trotzdem nicht. Wir sollten besser das Morsen in den Schulen wieder lernen.