Hallo Zusammen,
es geht um folgenden Fall: Es wird eine offene Ladenkasse für die Einnahme von Bargeld in einem Ladengeschäft verwendet. Kartenzahlungen werden via SumUp akzeptiert, PayPal Zahlungen vor Ort ebenso.
Da Einzelaufzeichnungen verpflichtend sind und ein fester Kundenstamm existiert, handschriftliche Quittungen aber aufwendig sind, soll nun eines der gängigen online Buchhaltungsprogramme genutzt werden. Der Workflow:
1. Rechnung (mit Hinweis des Bar erhaltenen Geldes) wird digital erstellt und auf Wunsch per Mail versendet.
2. Zahlungseingang Bargeld wird im Programm markiert.
3. Kassenbuch wird vom Programm automatisch geführt.
Nun folgende Fragen:
1. Laut BMF hat eine offene Ladenkasse ohne technische Hilfsmittel geführt zu werden. Muss daher der Kassenbericht weiterhin handschriftlich erstellt werden? Gilt diese Vorgabe nur für den Kassenbericht? Oder auch für alle Einzelaufzeichnungen, sprich die Rechnungen?
2. Nun gibt es die KassenSichV und diese sagt, dass solche Systeme als elektronischen Kassen aufzufassen sind und daher eine TSE benötigen. Diese bietet aber keiner der Online-Anbieter. Ist sie für offene Ladenkassen nicht notwendig?
Zu Punkt 2 der Auszug aus der AEAO zu §146a AO: "Die in § 1 Satz 1 KassenSichV genannten „elektronischen oder computergestützten Kassensysteme oder Registrierkassen“ sind für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen und deren Abrechnung spezialisierte elektronische Aufzeichnungssysteme, die „Kassenfunktion“ haben. Kassenfunktion haben elektronische Aufzeichnungssysteme dann, wenn diese der Erfassung und Abwicklung von zumindest teilweise baren Zahlungsvorgängen dienen können.
§1 KassenSichV sagt dagegen, dass "Nicht als elektronische Aufzeichnungssysteme gelten .. elektronische Buchhaltungsprogramme".
Die offene Ladenkasse funktioniert nur, wenn alles zu 100% mechanisch/händisch abläuft. Sobald ein PC, etc. in Benutzung ist bzw. in den Räumen zur Verfügung steht, gilt meines Wissens nur noch mit TSE.
Die Frage, ob eine TSE erforderlich ist bei Einsatz einer Fakturierungs-Software in Verbindung mit einer offenen Ladenkasse und Kassenbuch online, würde mich auch interessieren.
Fall 1:
Winzer ist verpflichtet, eine vom Landwirtschaftsministerium zugelassene Kellerbuchsoftware mit Fakturierung einzusetzen. Barverkäufe werden mit der Rechnungserstellung in der Software erfasst, Quittung für das Bar bezahlen auf der Rechnung ausgedruckt. Software erstellt täglich eine Importdatei der Bareinnahmen für Import Schnittstelle des Kassenbuch online. Diese werden in Kassenbuch online nach Geschäftsschluss über die Import.-Schnittstelle eingelesen und festgeschrieben. Zusätzlich TSE für die Software erforderlich?
Fall2:
Gleiche Software. Quittung für Barbezahlung wird separat von der Software gedruckt. Importdatei wird erstellt und über Kassenbuch online wie in Fall 1 verbucht. TSE für die Software erforderlich?
Fall3:
Gleiche Software. Quittung für Barbezahlung wird handschriftlich erstellt. Dann eingescannt und über die Belegerfassung von Kassenbuch online nach Geschäftsschluss verbucht. Umständlich - aber TSE für die Software erforderlich?
Fakturierung ohne Bargelderfassung = keine TSE erforderlich?
Fakturierung mit Quittungsdruck = TSE erforderlich?
Fakturierung und Software für Quittungsdruck getrennt = TSE nur für Quittungs-Software?
Hallo,
mittlerweile bin ich heir weiter gekommen. Zwar habe ich die Frage auf einem Steuerberater Portal gegen Bezahlung gestellt, aber keine Rückmeldung bekommen.
Nun habe ich einige Finanzämter in der Gegend hierzu angefragt. Nahezu allen Beamten waren die konkreten Regelungen unbekannt, doch konnte ich mit einer leitenden Außenprüferin sprechen:
1. Bei der Verwendung einer offenen Ladenkasse zählt nur Bargeld als Barzahlung. Jegliche Zahlungen mit EC Terminals sind nicht als Bargeld anzusehen. Eine TSE Pflicht besteht daher nicht.
2. Die Nutzung von Software zur Erstellung von Rechnungen ist gewünscht und rein digital, sofern die GoBD beachtet werden, erlaubt. Lediglich Quittungen müssen, wenn vom Kunden gefordert, von beiden Seiten unterschrieben werden.
3. Als technische Hilfsmittel sind auch "alte Kassengeräte" anzusehen und neben Software für die eigentliche Kassenfunktion verboten. Als solche gilt bei Software aber nur der Kassenbericht bzw. das Kassenbuch, nicht aber Rechnungen.
4. Bei der offenen Ladenkasse muss der Kassenbericht zwingend handschriftlich erstellt werden. Eine Aussage, ob PC Vorlagen die unterschrieben werden, in Ordnung wäre, habe ich nicht bekommen. Mehrere große Softwareanbieter bieten zumindest das Ausdrucken von Kassenbericht und Kassenbuch an.
Ich kenne jedoch Steuerpflichtige, die zumindest das Kassenbuch online führen und handschriftliche Kassenberichte in ihrem Steuerberaterportal abgescannt hochladen.
Soweit zur mündlichen Aussage einer Prüferin. Schriftlich habe ich es bei meinem örtlichen Finanzamt und beim Finanzministerium angefragt, jedoch seit über einer Woche keine Antwort. Ebenso habe ich mir einen lokalen Steuerberater gesucht, warte aber auch hier auf eine Antwort.
Nun zu Ihreren Fragen. Als Laie basiert meine Antwort auf den Aussagen der Prüferin:
Sobald Kassenbericht und ggf. Kassenbuch vollkommen digital umgesetzt sind, ist eine TSE Pflicht vorhanden. Wenn Sie diese handschriftlich führen, nutzen Sie lediglich ein Buchhaltungsprogramm.
Nun zum Graubereich: Verzicht auf Bargeld. Gilt die TSE auch dann, wenn EC Kartenzahlungen, aber kein Bargeld empfangen werden? Hier habe ich keine Antwort erfragen können, jedoch gibt es Anbieter wie z. B. Flour, die solche Kassensysteme explizit ohne TSE bewerben.
Meine Empfehlung: StB konsultieren und Antwort uns mitteilen. Parallel das Finanzamt diese allgemeine(!) Frage stellen, dann können Sie darauf antworten. Ihre ganz konkreten persönlichen Fragen werden Sie ablehnen und auf einen StB verweisen.
@hormeier schrieb:Hallo,
......................Nun zum Graubereich: Verzicht auf Bargeld. Gilt die TSE auch dann, wenn EC Kartenzahlungen, aber kein Bargeld empfangen werden? Hier habe ich keine Antwort erfragen können, jedoch gibt es Anbieter wie z. B. Flour, die solche Kassensysteme explizit ohne TSE bewerben.
Wir haben mehrere Mandanten, die 100% bargeldlos arbeiten. Kenne auch Prüfer, die das ohne TSE nicht stören würde. ABER! Es gibt keiner eine rechtsverbindliche Auskunft. Also haben alle Mandanten die TSE nachgeordert, weil niemand im derzeitigen steuerrechtlichen Risiko leben will.
Habe mittlerweile noch Rückmeldung vom BMF bekommen:
"Wir dürfen zunächst darauf hinweisen, dass dem BMF in erster Linie die Vorbereitung und Mitwirkung bei gesetzgeberischen Maßnahmen, Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften obliegt. Diese Aufgabenstellung macht es uns vom Umfang her leider nicht möglich, detaillierte Auskunftsersuchen zu steuerlichen Sachverhalten und Fragestellungen zu beantworten.
Im Übrigen ist es uns durch die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien ausdrücklich verwehrt, Auskünfte zu Rechtsfragen zu erteilen, die in einem Einzelfall von Bedeutung sein können und zu deren Entscheidung eine andere Behörde berufen ist. Nach Artikel 108 Absatz 2 Grundgesetz sind die Landesfinanzbehörden für die Durchführung der Steuergesetze und damit für die Beurteilung des Einzelfalls zuständig.
Wir bitten daher um Verständnis, dass wir uns nur allgemein zu Ihrer Anfrage äußern können.
Ein elektronisches Aufzeichnungssystem ist die zur elektronischen Datenverarbeitung eingesetzte Hardware und Software, die elektronische Aufzeichnungen zur Dokumentation von Geschäftsvorfällen und somit Grundaufzeichnungen erstellt. Soweit das von Ihnen dargestellte EC-Kartenterminal Geschäftsvorfälle dokumentiert, handelt es sich um ein elektronisches Aufzeichnungssystem.
Wird ein elektronisches Aufzeichnungssystem in einem Unternehmen verwendet, ist dieses grundsätzlich zur Aufzeichnung sämtlicher Erlöse zu verwenden. Ist für einen räumlichen oder organisatorisch eindeutig abgrenzbaren Bereich aus technischen Gründen oder aus Zumutbarkeitsgründen eine Erfassung über das vorhandenen elektronische Aufzeichnungssystem nicht möglich, wird es nicht beanstandet, wenn zur Erfassung dieser Geschäftsvorfälle eine offene Ladenkasse verwendet wird (vgl. Anwendungserlass zur Abgabenordnung zu § 146, Nr. 2.2.3).
Elektronische Aufzeichnungssysteme sind dann durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen, wenn sie „Kassenfunktion“ haben. Kassenfunktion haben elektronische Aufzeichnungssysteme dann, wenn diese der Erfassung und Abwicklung von zumindest teilweise baren Zahlungsvorgängen dienen können. Dies gilt auch für vergleichbare elektronische, vor Ort genutzte Zahlungsformen (Elektronisches Geld wie z. B. Geldkarte, virtuelle Konten oder Bonuspunktesysteme von Drittanbietern) sowie an Geldes statt angenommener Gutscheine, Guthabenkarten, Bons und dergleichen.
Hinsichtlich Ihrer weiteren Frage zum Einsatz technischer Hilfsmittel bei offenen Ladenkassen weisen wir auf Folgendes hin:
Soweit Rechnungen über weitere Programme elektronisch verarbeitet werden, handelt es sich im Gesamten um keine offene Ladenkasse, bei welcher die Einzelaufzeichnungen ohne Einsatz technischer Hilfsmittel zu erfolgen hat."
Dann hat sich ja nichts geändert.