Liebe Kollegen,
ich weiß nicht, wie es Ihnen geht und wie Sie mit der Dauerbelastung in diesem Jahr umgegangen sind bzw. umgehen.
Als ich vor Erschöpfung während eines Telefonats mit einem Mandanten in Tränen ausgebrochen bin, habe ich die Notbremse gezogen und bin eine Woche zu Hause geblieben. Danach habe ich einen Monat lang 4 Tage Woche gemacht, um wenigstens mit einem verlängerten Wochenende etwas Kraft tanken zu können.
Wenn ich reflektiere, wie schnell ich aktuell gereizt bin und "durch die Decke gehe", gehe ich davon aus, dass ich immer noch nicht wieder 100% auf Normallevel bin.
Ich gehe Stand heute davon aus, dass wir mit der aktuellen Situation noch mindestens bis Ende 2021 leben müssen.
Wie kommen Sie mit dem auf absehbare Zeit weiterhin bestehenden Dauerdruck zurecht? Welche Strategien haben Sie für sich gefunden, die Situation Dauerstress im Beruf und Pandemie Szenario im Privatleben zu managen?
Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund!
Hallo,
ich weiß nicht, wie sie privat aufgestellt sind.
Ich habe Mann und (Schul)Kind, beide Eltern "systemrelevant". Kind zum Glück in der Lage, trotz erst 10 Jahren vernünftig zu sein und allein zu Hause klarzukommen, bis einer von uns nach Hause kommt. Hund wird von Nachbarin ab und zu mitgenommen.
Wir haben einen Schrebergarten, also nicht direkt am Haus. Da sind wir dann am Wochenende oft, das ist jedes Mal wie Kurzurlaub. im Sommer konnte man da ja sogar mal übernachten.
Zu Hause wird nur das Nötigste gemacht, damit es ordentlich aussieht, aber große Putzorgien sparen wir uns. Kochen/Essen machen beschränkt sich auf einfache Rezepte, die schnell zubereitet sind. Wenn etwas doch mal länger dauert, dann ist es ein wirkliches Wunschessen von einem von uns, wodurch man das Kochen dann auch zelebrieren/genießen kann. Oder es wird was bestellt.
Und dann gönnen wir uns gegenseitig Auszeiten: Mal bin ich einen Tag allein (im Garten, oder mit Fahrrad unterwegs, oder ähnliches, was coronabedingt geht), mal mein Mann. So kann jeder mal Ruhe tanken.
Wenn mich früher etwas/jemand aufgeregt hat, hab ich das ewig mit mir rumgetragen. Inzwischen lass ich mir vieles am Allerwertesten vorbeigehen. Wenn es mich/uns nicht persönlich beeinträchtigt (oder nur marginal), dann ist es mir inzwischen egal. Ich muss nicht mehr überall "hier" schreien.
Urlaub wird genommen, wie es geht, war halt dieses Jahr sehr gestückelt. Man muss sich eben Miniurlaub unterwegs genehmigen: mal den Blick schweifen lassen und schöne Ausblicke genießen, oder an der Rose am Zaun in Nachbars Garten schnuppern, oder oder oder...
Bleiben Sie gesund, achten Sie auf sich und denken Sie daran: es ist nur eine Phaaaseee... 🙂
Ich würde mir, an Ihrer Stelle, professionelle Hilfe holen.
Wir können das von hier aus nicht bewerten und sind halt auch keine Profis.
Für mich persönlich war die Anfangsphase recht stressig.. es wusste damals niemand wie sich die Pandemie entwickelt, also „fix“ Heimarbeitsplätze geschaffen, Schutzmassnahmen ergriffen usw.
Auch waren die Mandantengespräche länger als üblich.
Mittlerweile seh ich es recht entspannt, da wir für den Fall der Fälle vorbereitet sind und die Pandemie bisher relativ harmlos für die meisten unserer Mandanten und uns verlaufen ist. Leider aber auch nicht alle..
Dennoch waren/sind insbesondere Soforthilfe, Kug und Überbrückungshilfe interessante Themen.. wo man teilweise echt nur noch abwinken konnte, da niemand Antworten auf Fragen hatte oder offensichtliche ungereimtheiten da waren/sind.
Da ist Geduld von Vorteil.. und ich habe sehr viel mehr Geflucht als sonst. Gutes Ablassventil ;-). Kochen kann natürlich auch eine gute Entspannungsmethode sein.. insbesondere das Essen danach :-). Mit Schrebergarten hätte ich es dann nicht so.. jeder wie er mag :-).
Hallo BinaChana,
auch wenn es schon etwas her ist, eine kleine Wortmeldung dazu:
ob jetzt schon professionelle Hilfe notwendig ist, würde ich bestreiten.
Es kommt wirklich darauf an, wie man betroffen ist.
Wenn die meisten Mandanten gut davon gekommen sind, wunderbar.
Bei uns waren gut 90% aller Mandanten von den akuten Schließungen, massiven Umsatzrückgängen seit dem und Arbeitsausfall betroffen.
Ich war anfangs Seelsorger, habe dann bei allen die Kurzarbeit beantragt, Löhne umgestellt, Vorauszahlungen aller Art angepasst, dann die USt-Senkung und schließlich die wunderbare Überbrückungshilfe...
Da einer meiner Kollegen genau ab Mitte März bis Mitte Mai wegen (anderer) Krankheit ausgefallen ist, war das natürlich super für das andere, laufende Geschäft.
Gott sei Dank habe ich tolle Mitarbeiterinnen, welche viel davon gemacht haben.
Ich mache seit März zumindest gefühlt fast nur Corona. Beratung, Umstellung, Anträge, etc.
Habe die ersten zwei Monate auch fast komplett durchgearbeitet, inklusive Wochenende und Feiertage.
Und ja, auch ich hatte schon den einen oder anderen Zeitpunkt, an dem ich nicht mehr wollte/konnte.
Aber da haben Sie es, wie ich, ja richtig gemacht und eine Auszeit genommen.
Irgendwann ist Schluss und wir helfen unseren Mandanten auch nicht, wenn wir mit den Nerven am Enden sind.
Und: sich bei Seinesgleichen mal "auskotzen" kann sehr befreiend sein.
In diesem Sinne, bleiben Sie gesund und achten Sie auf sich!