Darf ich die Runde um Ihre Meinung zu folgender Fragestellung im Rahmen der Differenzbesteuerung bitten:
Ein Wiederverkäufer von Münzen (=Gebrauchtgegenstände) erwirbt die Münzen teils
1. "normal" in Deutschland mit VorSt-Abzug -> keine Differenzbesteuerung möglich
2. differenzbesteuert aus dem Inland -> Differenzbesteuerung möglich
3. aus der EU: hier meine Frage 1: Die Einkaufsrechnung ist i.d.R. richtiger Weise ohne USt, doch sieht man aus den meisten Rechnungen keinen Hinweis, warum keine USt berechnet wurde. Sprich wenn darauf weder ein Hinweis auf eine steuerfreie i.g.L. noch ein Hinweis auf die Differenzbesteuerung steht: um eine differenzbesteuerte Lieferung kann es sich ja eigentlich nicht handeln, da dann eine Differenzsteuer ausgewiesen worden wäre. Aber es könnte sich ja um eine i.g.L. handeln, denn Abschn. 14.5 Abs. 20 UStAE besagt, dass ein Hinweis auf die Steuerbefreiung angebracht werden "soll". Wäre es eine steuerfreie i.g.L., müsste ich das in der Buchhaltung so erfassen, und es würde USt entstehen, wenn auch beim Empfänger mit gleichzeitigem VorSt-Abzug, jedenfalls aber ein Ausschluss der Voraussetzung für die Diff.besteuerung, dass in der EU keine USt entstehen darf (Abschn. 25a.1 Abs. 5 UStAE). Letztendlich könnte es sich bei dem Verkäufer aus der EU aber auch um einen Klein-UN nach den Bestimmungen in seinem Land handeln - und DANN wäre die Diff.besteuerung für meinen deutschen erwerbenden Mandanten möglich. Soll man beim Verkäufer nachfragen und um Klarstellung bzw. eine Bestätigung bitten, aus welchem Grund keine USt ausgewiesen ist? I.g.L. oder Klein-UN-Regelung?
4. aus dem Drittland (in meinem Fall UK) - und zwar Münzen im Wert von über 150 € (also oberhalb der Zollfreigrenze): Ist auch hier weder eine Differenzsteuer ausgewiesen noch eine ausländische USt (Vermerk VAT 0%, aber keine Rechtsgrundlage), dann muss ich näher hinsehen: Beim Verkäufer handelt es sich um eine steuerfreie Ausfuhrlieferung analog §§ 4 Nr. 1a, 6 UStG. Die Voraussetzung, dass im Gemeinschaftsgebiet keine USt entstehen darf, ist jedenfalls grds. erfüllt. Allerdings muss hier jemand die Lieferung abfertigen, sprich Zoll/EUSt zahlen. Tut das der Leistungsempfänger = mein Mandant, könnte er nach § 25a Abs. 2 Nr. 1 UStG bei seinem Weiterverkauf dieser Münzen zur Diff.besteuerung optieren (dazu nachher noch eine Frage). Das geht aber eben nur, wenn ER Zoll/EUSt zahlt, denn dann hat er die Voraussetzung erfüllt "(Sammlungsstücke,) die er selbst eingeführt hat".
Bei zwei seiner Einkäufe aus UK wurde ihm die Lieferung von der Post aber ohne Zoll/EUSt zugestellt (bei einer hat er Zoll/EUSt zahlen müssen - alles Lieferungen > 150€). Hier also meine nächste Frage 2: Muss das nicht bedeuten, dass der Lieferer die Münzen zollabgefertigt hat und er Zoll/EUSt übernommen hat? In diesem Fall wäre er doch raus aus der Optionsmöglichkeit zur Diff.besteuerung? Bringt es hier etwas, beim Verkäufer nachzufragen, ob er die Ware abgefertigt hat; oder kann man davon ausgehen, wenn der Empfänger in D die Ware ohne Zoll/EUSt erhalten hat? Bzw. wäre es möglich, dass dem Zoll da etwas "durch die Lappen" gegangen wäre? Ich hatte mal beim Zoll angerufen und die Auskunft erhalten, dass man als Empfänger dem nicht nachgehen müsse, sprich hat man Ware ohne Zoll/EUSt erhalten, darf man davon ausgehen, dass die Sache passt - sonst hätte man es nicht erhalten.
Damit verbunden sind nun noch zwei weitere Fragen:
Frage 3: Abgesehen vom Zoll, wäre für meinen Mandanten selbst etwas zu unternehmen in Sachen EUSt?
Frage 4: Die Option zur Diff.besteuerung für Sammlungsstücke, die der Wiederverkäufer selbst eingeführt hat, ist nur möglich, wenn man dies formlos bis spätestens der ersten VA im KJ beim Finanzamt erklärt. Es handelt sich um einen Quartalsanmelder, aber wir haben die erste VA für das erste Quartal bereits abgegeben OHNE diese Erklärung vorher abgegeben zu haben. Ist das nun ohnehin das endgültige Aus für die Möglichkeit der o.g. Optionen? Oder könnte man eine berichtigen VA abgeben mit dieser Erklärung? Ich habe leider bisher in Kommentaren dazu nichts gefunden.
Gelöst! Gehe zu Lösung.
Habe keine großen Berührungspunkte mit Differenzbesteuerung. Kann ja trotzdem eventuell ein paar Kleinigkeiten anregen.
Ich würde bei den Waren aus der EU mal schauen ob auf der Rechnung eine USt ID vorhanden ist. Damit tritt der Unternehmer nicht als Kleinunternehmer auf. -> innergemeinschaftlicher Erwerb.
Wenn ihr Mandant keine Einfuhrumsatzsteuer zahlen muss, dann handelt es sich doch offensichtlich um eine bereits Verzollt und versteuerte Ware.
(§3 UStG (8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.)
Die Option zur Differenzbesteuerung ist laut Gesetzes Wortlaut bis spätestens der ersten USt VA zu stellen. Diese Formulierung würde doch wenig Sinn ergeben, wenn man nachträglich eine berichtigte VA abgeben kann und sich umentscheiden könnte. Außerdem wäre die berichtigte VA eine zweite VA für den selben Zeitraum.
Danke, diese "Kleinigkeiten" waren sehr hilfreich!
Nach einem netten Telefonat mit dem HSL USt unseres Finanzamts, der auch nochmals seine Kommentare gewälzt hat, komme ich zu dem Schluss:
Option für Sammlungsstücke aus dem Drittland i.S.d. § 25a Abs. 2 Nr. 1 UStG für 2021 nicht mehr möglich, da die Erklärung nicht vor/mit der ERSTEN VA abgegeben wurde. Ich bin schon auch der Meinung, dass eine berichtigte erste VA keine ERSTE mehr wäre.
Interessant zu wissen vielleicht noch, dass der Antrag nicht an die Frist der ersten VA gebunden ist, sprich solange diese nicht oder verspätet abgegeben wird, wäre ein Optionsantrag noch möglich. Also falls jemand das Anfang des Jahres mit einem Mandanten die Sache mit der Option auf Differenzbesteuerung noch nicht abschließend geklärt hat, dann lieber noch keine UStVA einreichen...