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Verstoßdeckung und ihre Folgen

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letzte Antwort am 23.10.2018 12:18:07 von agmü
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chiara999
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Guten Morgen Community!

Heute habe ich mal wieder eine Frage, die während meiner Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte aufkam.

Ich belehre meine Kunden (i.d.R. Steuerberater und Anwälte) ständig über die Aufbewahrungsfristen gemäß GoBD - und das man ein entsprechendes Löschkonzept erstellen sollte. Nun wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass Versicherungen bzw. Banken aufgrund der Verstoßdeckung z.T. eine Aufbewahrung von 30 Jahren VERLANGEN! Kann das denn überhaupt sein?????

Im Internet ist zu dieser Thematik so gut wie nichts zu finden … meines Erachtens lässt sich das nicht mit der aktuellen Rechtsprechung zu Aufbewahrungsfristen vereinbaren.

Hat jemand von Ihnen schon Erfahrungen mit diesen "Ausnahmen" gemacht????

Ich würde mich freuen, wenn sich wieder (wie gewohnt) eine rege Diskussion ergibt.

Viele Grüße aus Siegen

Dagmar Imhof

bodensee
Experte
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Nachricht 2 von 11
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Bei Stb und ähnlichen habe ich das noch nicht gehabt. Aber Mandanten von mir Ingenieure ( Baustatik und Tragwerksplanung) haben von der Berufskammer die Empfehlung - nicht Gesetz- die Pläne 30 Jahre aufzubewahren.

Auch was Streitigkeiten vor Gericht betrifft ist es mehr als sinnvoll die Planunterlagen so lange aufzubewahren auch wenn das im Widerspruch zur DSGVO - Löschkonzept- steht.

Häufig wird jahrelang nur darüber gestritten zu welchem Zeitpunkt die Fertigstellung erfolgt ist, hier sind 10 Jahre ein überschaubar kleiner Zeitraum.

Die Diskrepanz ist dem Gesetzgeber - glaube ich- nicht bewußt.

In meinem Fall ging es vor allem darum die Rückstellung für Archivierung zu begründen, das Finanzamt wollte die Rückstellung nicht akzeptieren. Letztlich haben wir uns geeinigt. Aber in diesem Zusammenhang ist klar das bei Stb und WP gilt dass wir unsere Mandanten auffordern können die Unterlagen abzuholen. Nach Aufforderung dürfen die Unterlagen nach 3 Jahren -bei Nichtabholung- vernichtet werden.  Dieser Fall war vor dem BFH.

Grüße vom wunderschönen Bodensee
U.K.Eberhardt
swenzel
Einsteiger
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Ein Widerspruch ergibt sich nicht. Auch die DSGVO kennt Ausnahmen von der Löschpflicht, siehe Artikel 17 DSGVO:

Art. 17 Abs. 3 DSGVO: Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit die Verarbeitung erforderlich ist

...

3. zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen.

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Uwe_Lutz
Überflieger
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Nachricht 4 von 11
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Moin,

auch bei Steuerberatern ist ggf. eine langfristige Aufbewahrung zur Abwehr eines Schadensersatzes notwendig und wird von der Versicherungen empfohlen.

Wenn ich z.B. eine Gestaltungsberatung im Zusammenhang mit Gesellschaftsverträgen oder Grundstücksverträgen mache, führt eine fehlerhafte Beratung häufig erst nach zig Jahren zu einem Schaden beim Mandanten. Nämlich zu dem Zeitpunkt, in dem die Gesellschaftsanteile oder das Grundstück verkauft oder entnommen werden.

Hier ist eine Aufbewahrung der Unterlagen selbst nach einem Mandatsende zu empfehlen, da man nie weiß, wann es hier zu einer Folgewirkung führt.

Viele Grüße

Uwe Lutz

bodensee
Experte
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Nachricht 5 von 11
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Das Problem ist eigentlich immer das gleiche:

Empfehlung - Vernünftige Aufbewahrung: Ja

gesetzliche Regelung : Nein, daher Problem der Archivierungsrückstellung

Jetzt kommt noch das Spannungsfeld : DSGVO - Löschkonzept usw hinzu

Fiktiver Fall:

Mandant oder besser Exmandant wünscht dass nach Mandatsende bzw. nach ablauf der gesetzl. Aufbewahrungsfrist ausnahmslos alles gelöscht wird. Dem kommen wir schon wg. der DSGVO nach. Jetzt kommt das Szenario von Herrn Lutz mehr als 10 Jahre später - damalige Unterlagen vernichtet- entsteht wg. fehlerhafter Beratung im Gsellschaftsrecht ein Schaden. Und nun ?

Handakte - eigene Aufbewahrung die Lösung ?

Grüße vom wunderschönen Bodensee
U.K.Eberhardt
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agmü
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Fiktiver Fall:

Mandant oder besser Exmandant wünscht dass nach Mandatsende bzw. nach ablauf der gesetzl. Aufbewahrungsfrist ausnahmslos alles gelöscht wird. Dem kommen wir schon wg. der DSGVO nach. Jetzt kommt das Szenario von Herrn Lutz mehr als 10 Jahre später - damalige Unterlagen vernichtet- entsteht wg. fehlerhafter Beratung im Gsellschaftsrecht ein Schaden. Und nun ?

Handakte - eigene Aufbewahrung die Lösung ?

Handakte behalten wird wenig helfen, da dort im Zweifel ebenfalls Personenbezogene Daten vorhanden sind.  Es wird nur helfen, den ausdrücklichen Wunsch nach Löschung zu Dokumentieren und dann Prozessual mit einer vom Mandanten ausgelösten Beweisnot, mit der Folge einer Beweiserleichterung oder Beweislastumkehr arbeiten zu müssen.  Oder Alternativ auszutesten ob das Recht auf Löschung das Recht nach Art. 17 Abs. 3 DSGVO tatsächlich überwiegt.

PS.: Vielleicht bin ich unfähig die DSGVO zu lesen, aber ich habe in der Verordnung keinerlei konkrete Frist gefunden.  Ich tendiere daher dazu, alle Akten frühestens nach 30 Jahren zu löschen um Regressansprüchen bis dahin entgegen treten zu können.  Nicht nur bei Grundstücksgeschäften oder Gesellschaftsverträgen können die Schäden erst nach Jahren auftreten auch in der Erbberatung.  Es kommt schlecht, wenn der Erblasser beraten wurde und nach dessen Tod der enterbte Sohn/Tochter um Vertretung bei der Anfechtung des Testaments bittet.

Andreas G. Müller - Rechtsanwalt -
frei nach dem Motto: "Gestern standen wir am Abgrund, heute sind wir einen Schritt weiter."
rahagena
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Da wird Ihnen der gerne vergessene § 199 III BGB helfen:

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.

ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an

Wenn die Beratung länger als 10 Jahre zurückliegt, können Sie sich auf Verjährung berufen.

Edit: Gerne vergessen wird die Regelung tatsächlich, der steuerliche Schaden entsteht aber tatsächlich erst mit Zugang des Bescheides.

Einfache Anbindung aller Mandanten ans DMS mit meineKanzlei.io
Uwe_Lutz
Überflieger
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Der Schaden entsteht nach meiner Kenntnis aber erst mit dem Steuerbescheid, in dem die höhere Steuer gefordert wird. Und dies erfolgt bei einer fehlerhaften Grundstücksbewertung mit Entnahme oder Verkauf des Grundstücks.

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rahagena
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Tatsächlich, da haben Sie Recht, Entstehung des Schadens mit Bescheid.

Einfache Anbindung aller Mandanten ans DMS mit meineKanzlei.io
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martinkolberg
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Das "Löschkonzept" per se ist nicht das Problem.

Wie soll aber bei der real existierenden Datenhaltung (Dokumentenablage) die Löschung mandantenübergreifend vollzogen werden und dieses in einem lesbaren Löschprotokoll - natürlich beim Mandanten abgelegt - dokumentiert werden?

Ja, nach 5 bis 10 Jahren müssen die monatlichen Pendel- Emails mit Lohn bzw. Buchhaltungsdaten aus dem System raus. Die eigentlichen Buchungsstapel könnten analog eines USB- Sticks nach dem erfolgreichem Einspielen gleich weg, aber regelmäßig gibt es aufbewahrungspflichtige Texte in den Emails oder gar Verträge als Anlage.

Frage: Wie kann das kanzleiweit gelöst werden, wenn insbesondere die Vorgabe besteht, daß aktuell noch gültige Verträge keinesfalls weg dürfen und die Löschung dokumentiert werden soll? Wie kann der Mitarbeiter ein wichtiges Dokument vor der routinemäßigen Löschung schützen, außer es in seinen "eigenen Dateien" abzulegen?

Problem: Jeder Mitarbeiter weiß, wo er seine Dokumente abgelegt hat, durch die Verschlagwortung in der Dokumentenablage legen aber alle betroffenen Mitarbeiter Unterlagen zu dem Mandanten ab, so daß niemand letztlich sagen kann: "das kann alles weg".

Selbst das Mandantenübergreifende Löschen der Steuerkonto- online- Abfragen ist nicht unproblematisch, denn es könnte ja sein, daß bei einem Mandanten noch alte Dinge in Bearbeitung sind. (Rechtstreit)

Arbeitstechnisch überhaupt nicht in Frage kommt, daß ein Mitarbeiter sich alles ansieht, um bei jeder Datei individuell über die Löschung zu befinden.

Die korrekte Vorgehensweise wäre doch folgende:

  • Der Admin wählt per Filter mandantenübergreifend die zu löschenden Daten aus.
  • Die betreffenden Mandatsverantwortlche zeichnen diese Auswahl ab bzw. korrigieren diese.
  • Der Admin vollzieht die Löschung und überreicht den Mandatsverantwortlchen die Löschprotokolle zur Kenntnisnahme und zur Ablage im Stammordner.

Technisch besteht das Problem, daß eine Auswahl nicht speicherbar ist, um diese nach Prüfung Tage später löschen zu können.

Interessant wäre wenn das Flag."Löschen am", welches man per Eigenschaften erfassen kann, automatisch zu füllen wäre bzw. auch irgendwo in der Übersicht sichtbar wäre.

agmü
Meister
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Nachricht 11 von 11
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Wäre grundsätzlich eine Überlegung.

Allerdings dürfen sie die Sekundärhaftung nicht vergessen (Haftung weil nicht darauf hingewiesen wurde, dass Haftungsanspruch besteht der verjähren kann).

Andreas G. Müller - Rechtsanwalt -
frei nach dem Motto: "Gestern standen wir am Abgrund, heute sind wir einen Schritt weiter."
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letzte Antwort am 23.10.2018 12:18:07 von agmü
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