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deusex
Allwissender
Offline Online
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Liebe Mitstreiter,

 

seit Einsatz elektronischer Signaturen treibt es mich immer wieder um, wenn zwangsweise persönliche, handschriftliche Unterschriften gefordert werden, weil der Gesetzgeber der technischen Entwicklung hinterherhinkt.

 

So haben wir zumindest im "zivilen" Bereich mit der qualifizierten, elektronischen Signatur (QES), rein rechtlich betrachtet, die Möglichkeit, Alles rechtsverbindlich, elektronisch zu unterzeichnen (sofern das Gegenüber hier mitspielt).

 

Gerade Banken sind hier ebenso noch in eigenen Verordnungen gefangen, die es nicht zulassen, eine Unterschrift per QES zu akzeptieren, aber eine, von wem auch immer, hingesudelte Paraphe wiederum als ausreichend erachtet wird (aktueller persönlicher Fall mit der Consors Bank).

 

Es ist leider ein akuteller Beleg unseres Digitalisierungsstandes. Jeder will und muss irgendwie, aber keiner kann tatsächlich . . . 

 

Aus diesem Grund möchte ich hier eine kleine Diskussion anstoßen, ob und in welchem Umfang die Unterzeichnung des Jahresabschluss gem. §245 HGB, anstatt mit Ausdruck und persönlicher Unterschrift, auch eine digitale Überlassung mit QES die Anforderungen des §245 HGB Genüge getan werden kann.

 

Das Thema ist nicht besonders neu und wurde, wenn auch eher rudimentär, im Forum schon zur Sprache gebracht.

 

§245 HGB : "Der Jahresabschluß ist vom Kaufmann unter Angabe des Datums zu unterzeichnen."

 

In welcher Form die "Unterzeichnung" erfolgen soll, bleibt m.E. grundsätzlich offen. Es ist nicht explizit die "handschriftliche" Unterzeichnung gefordert (weil das Gesetz eine andere nicht kennt, aber nicht unser Schaden sein sollte).  

 

Das HGB enthält noch keine Ausführungen zur "elektronischen Form" von Unterschriften und an diesem Punkt würde ich argumentieren, dass der §126a BGB zu §126 BGB auch auf §245 HGB übertragen werden könnte, gerade weil keine ausdrückliche Erfordernis an die Unterzeichnung gestellt wird.

 

Ferner hielt ich es auch stets mit dem Grundsatz:
"Was geschieht in der Konsequenz, wenn ich etwas anders machen würde, weil es mir rechtlich nicht mehr zutreffend und unplausibel erscheint?"

 

Betram/Kessler/Müller im Haufe HGB Kommentar verweist zunächst darauf, dass es sich um eine "höchstpersönliche Rechftshandlung" des Kaufmanns bzw. sämtlicher Geschäftsführer einer Gmbh handelt. Rz.3

Die Unterschrift hat zwar mit dem Namen zu erfolgen, aber die Unterzeichnung mit der im Handeslregister hinterlegten Unterschrift ist nicht erforderlich. Rz. 12.

 

Und nun kommt im Kommentar der springende Punkt in Rz. 12a (vgl. Justenhoven/Meyer, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, §245 HGB Rz 9.):

"Die eigenhändige Unerschrift kann gem. §126a BGB, seit der sog. EIDAS Verordnung (EU Nr. 910/2014), durch eine qualifzierte elektronische Unterschrift ersetzt werden, sofern gesetzlich nichts anderes geregelt ist."

 

"Gesetzlich geregelt" ist im §245 HGB oder anderen Gesetzen m.W. nichts . . . (oder habe ich im GmbHG etwas übersehen?)

 

Das Thema wurde in der Community bereits öfters diskutiert, allerdings mit dem unerwünschten Resultat des Ausdruckes des Jahresabschlusses und der Einholung der handschriftlichen Unterschrift(en) des/r Verpflichteten.

 

Dies ist nun wohl unter Bezug auf o.g. Kommentare faktisch nicht mehr notwendig.

 

Im Übrigen gestaltet es sich zwischenzeitlich äußerst nutzefreundlich, die Mandanten via FP-Sign in den Video-Ident-Prozess zur Registrierung, Validierung und damit Nutzung zu führen, weshalb ich zumindest, unter Bezug auf o.g. Ausführungen keine Veranlassung mehr sehe, unserern Mandanten mitzuteilen, sie müssten Jahresabschlüsse ausdrucken, handschriftlich unterzeichnen und beim "Altpapier" bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag aufbewahren.

 

Vielmehr wird die Überlassung des Jahresabschlusses sogleich mit der Anforderungen einer QES von allen Zeichnungspflichtigen verbunden. 

 

Insofern ließe sich doch nun die digitale Barrierefreiheit erreichen.

 

 

Wenn ich mir die Ausführungen in Gesetzestexten, Forenbeiträgen oder auch im Netz so anschaue, herrscht diesbezüglich eine hohe Unsicherheit und flächendeckend wird "empfohlen" (mangels besseren Wissens), man solle die Druckvariante vorziehen.

 

Dies ist nicht im Sinne von Digitalisierung und Automatisierung von Kanzlei- und Unternehmensprozessen, weshalb im Zweifel pro QES gearbeitet werden sollte.

 

"Last but not least", sollten auch die Rechtsfolgen im Auge behalten werden, was geschehen könnte, wenn ein Jahresabschluss nur digital vorliegt.

§416 ZPO wäre m.E. vorrangig zu beachten, aber müsste dann nicht auch §416a ZPO im Umkehrfall anzuwenden sein, wenn ein rechtssicher signiertes, elektronisches Dokument vorliegt und "nur" zum Bedarf ausgedruckt wird ?!

 

Die zivilrechtlichen Folgen stehe auch diesbezüglich noch in reger Diskussion, womit zumindest in der Literatur eine Ableitung schuldrechtlicher Ansprüche von Gläubigern (in Bezug auf die Unterzeichnung generell) verneint wird.

 

Insgesamt erscheinen mir persönlich die Konsequenzen eines ggf. mangelndem Unterzeichnungserforderniss nach §245 HGB als durchaus überschaubar.

 

Hauptsächlich habe ich hier die GmbH bis "mittelgroß" im Auge, sowie unsere PersGes und e.K. 

 

Gerne möchte ich mit dem Beitrag endlich die Lanze "pro QES im digitalen Jahresabschluss", da für mich das Resultat "Druck+Handschrift" weder plausibel, praktisch und auch rechtlich nicht mehr uneingeschränkt verpflichtend erscheint.

 

Wie sieht man das "dort draußen" bei Stb, WP oder Verbänden ?

 

🙏

 

  

 

 

 

 

 

 

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