Hallo,
wir haben folgende Frage:
Muss bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenze das Bürgergeld als Teil des Einkommens berücksichtigt werden, auch wenn allein das Arbeitseinkommen und der Minijob die Freigrenze nicht überschreiten, aber die Gesamtsumme aus allen drei Quellen die Pfändungsfreigrenze übersteigt?
Beispiel:
Mitarbeiter hat einen Hauptjob, einen Minijob und erhält Bürgergeld.
Summe aus Haupt- und Minijob überschreitet Freigrenze nicht. Unter Einbezug des Bürgergeldes wird die Pfändungsfreigrenze überschritten.
Müssen wir bei der Angabe "Pfändbares Nebeneinkommen netto" das Bürgergeld berücksichtigen oder nicht?
Vielen Dank vorab!
Hallo @NB_WD ,
da haben Sie ja eine ganz verzwickte Kiste auf Ihrem Tisch. Also Schritt für Schritt:
Wofür müssen Sie denn die Pfändnungsfreigrenzen berechnen? Liegt Ihnen a) ein PfÜB oder b) eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung oder c) eine Abtretungsanzeige vor oder handelt es sich d) um eine Privatinsolvenz?
VG
Ja, wir finden's auch verzwickt 🙂
Es handelt sich um einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss // PfÜB.
Vielen Dank vorab!
Kurzer Einwand: Hauptbeschäftigung und Minijob? Beim selben Arbeitgeber?
@NB_WD schrieb:
Es handelt sich um einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss // PfÜB.
Steht in diesem vielseitigen PfÜB gleich am Beginn, welche Forderungen des Mitarbeiters gepfändet werden und ob und in welcher Höhe andere Leistungen bei der Pfändung zu berücksichtigen sind?
Wenn Sie einen anonymisierten Ausschnitt hier posten, können wir vielleicht besser helfen?!
VG
Nein, leider ist zu beiden Punkten nichts vermerkt.
Forderung
Hierzu ist nur vermerkt: "Die noch offenstehende Forderung beträgt ..."
Andere Leistungen
Hierzu ist auf dem Schreiben selbst nichts vermerkt. Leidglich Verweis auf Anwendbarkeit der Nettomethode bei der Berechnung (Verweis auf § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO, Bundesarbeitsgericht 10 AZR 59/12).
Und Sie haben den PfÜB erhalten in welcher Eigenschaft: Arbeitgeber der Hauptbeschäftigung oder Arbeitgeber des Minijobs?
In PfÜB steht regelmäßig drin bzw. ist angekreuzt, welche Forderung des Schuldners gegen den Arbeitgeber gepfändet wird.
Und dann ist vermerkt, ob und in welchem Umfang zusammenzurechnen ist mit Arbeitseinkommen anderer Drittschuldner und/oder mit Geldleistungen nach dem SGB.
(Das sollte man ganz genau lesen. Ich hatte mal einen Fall, in dem innerhalb des PfÜB angekreuzt war: Die Forderungen aus Bankguthaben o. ä. Das habe ich natürlich nicht bearbeitet, da ich als Entgeltabrechner nur Forderungen aus Entgelt einbehalten kann. Pech für den, der den PfÜB so schlampig ausgefüllt hat bzw. den falschen Adressaten eingetragen.)
VG
Und Sie haben den PfÜB erhalten in welcher Eigenschaft: Arbeitgeber der Hauptbeschäftigung oder Arbeitgeber des Minijobs?
WIR RECHNEN BEIDE LÖHNE AB; HAUPT- & NEBENBESCHÄFTIGUNG FÜR BEIDE ARBEITGEBER.
In PfÜB steht regelmäßig drin bzw. ist angekreuzt, welche Forderung des Schuldners gegen den Arbeitgeber gepfändet wird.
DAS SEHEN WIR NICHT. ES HANDELT SICH UM EINE ABTRETUNGSERKLÄRUNG, MACHT DAS EINEN UNTERSCHIED?
Und dann ist vermerkt, ob und in welchem Umfang zusammenzurechnen ist mit Arbeitseinkommen anderer Drittschuldner und/oder mit Geldleistungen nach dem SGB.
AUCH DAS SEHEN WIR NICHT.
(Das sollte man ganz genau lesen. Ich hatte mal einen Fall, in dem innerhalb des PfÜB angekreuzt war: Die Forderungen aus Bankguthaben o. ä. Das habe ich natürlich nicht bearbeitet, da ich als Entgeltabrechner nur Forderungen aus Entgelt einbehalten kann. Pech für den, der den PfÜB so schlampig ausgefüllt hat bzw. den falschen Adressaten eingetragen.)
@NB_WD schrieb:Und Sie haben den PfÜB erhalten in welcher Eigenschaft: Arbeitgeber der Hauptbeschäftigung oder Arbeitgeber des Minijobs?
WIR RECHNEN BEIDE LÖHNE AB; HAUPT- & NEBENBESCHÄFTIGUNG FÜR BEIDE ARBEITGEBER.
Weil ja Haupt- und Nebenbeschäftigung unterschiedliche Arbeitgeber sein müssen, können Sie doch sehen, an welchen Namen und Adresse der PfÜB ging und damit sagen, ob der an Hauptarbeitgeber oder an den Arbeitgeber des Minijobs ging.
Als Arbeitgeber der Hauptbeschäftigung.
Woher wissen Sie vom Bürgergeld? Woher wissen Sie vom Nebenjob? Hat der offenlegende Gläubiger in der Abtretung auf diese Einkommen des Arbeitnehmers hingewiesen?
Stellen Sie sich vor, Sie wären der "arme kleine" Lohnbuchhalter des Hauptarbeitgebers. Der Arbeitnehmer (Schuldner) verrät Ihnen nicht, dass er Bürgergeld erhält oder einen zweiten Job hat. Wie würden Sie die Abtretung berechnen? Nach den vorliegenden Angaben, oder? Wenn nun der Gläubiger nichts mitteilt, brauchen Sie auch nichts anders berücksichtigen, als den Ihnen bekannten Lohn.
Und Sie haben den PfÜB erhalten in welcher Eigenschaft: Arbeitgeber der Hauptbeschäftigung oder Arbeitgeber des Minijobs?
WIR RECHNEN BEIDE LÖHNE AB; HAUPT- & NEBENBESCHÄFTIGUNG FÜR BEIDE ARBEITGEBER.
Es zählt, an welchen AG der Beschluss gerichtet ist. Alles andere ist Datenschutz, dem Gläubiger gegenüber würde ich hier keine Angaben machen.
In PfÜB steht regelmäßig drin bzw. ist angekreuzt, welche Forderung des Schuldners gegen den Arbeitgeber gepfändet wird.
DAS SEHEN WIR NICHT. ES HANDELT SICH UM EINE ABTRETUNGSERKLÄRUNG, MACHT DAS EINEN UNTERSCHIED?
Eine Abtretungserklärung ist etwas anderes als ein Pfändungsbeschluss. Mitunter ist die Abtretung des Lohns auch arbeitsvertraglich ausgeschlossen, das würde ich mal prüfen.
Ansonsten kann ich hierzu das kostenlose Webinar der Techniker KK empfehlen, siehe Und sonst noch - weitere Themen für Arbeitgeber | Die Techniker - Firmenkunden, da werden die Unterschiede und auf was man so achten muss ganz gut erklärt. Ich habe den Eindruck, dass das vorhandene Fachwissen da durchaus ausbaufähig ist und das sind gut investierte 1,5 Stunden. 🙂
@CVolz schrieb:
Eine Abtretungserklärung ist etwas anderes als ein Pfändungsbeschluss.
Sehr richtig!!!!
@CVolz schrieb:
Mitunter ist die Abtretung des Lohns auch arbeitsvertraglich ausgeschlossen, das würde ich mal prüfen. 🙂
Da kann ich aus einigen Seminaren zu Lohnpfändung berichten: Dieser Ausschluss ist unwirksam, da er den Mitarbeiter von üblichen Finanzierungen im allgemeinen Geschäftsverkehr ausschließen würde. Jede Pkw- oder Fernseherfinanzierung basiert auf solchen Abtretungsanzeigen. (Bitte selbst mal dazu recherchieren.) Nach meinem Verständnis kann sich der Arbeitgeber als Drittgläubiger nicht wirksam auf diesen Passus im Arbeitsvertrag berufen.
@CVolz schrieb:
Ansonsten kann ich hierzu das kostenlose Webinar der Techniker KK empfehlen, siehe Und sonst noch - weitere Themen für Arbeitgeber | Die Techniker - Firmenkunden, da werden die Unterschiede und auf was man so achten muss ganz gut erklärt. Ich habe den Eindruck, dass das vorhandene Fachwissen da durchaus ausbaufähig ist und das sind gut investierte 1,5 Stunden. 🙂
Das kann ich nur unterstreichen!!!
Abschließend: Die Anzeige von Abtretungserklärungen durch Gläubiger(-vertreter) bedarf einer sehr intensiven Prüfung durch den Lohnabrechner, weil diese Gläubiger(-vertreter) auch vielfach auf Dummenfang unter den Lohnabrechners gehen und mehr oder zu Unrecht Forderungen anmelden. Da braucht der Lohnabrechner unbedingt ein belastbares Fachwissen und viel Selbstbewusstsein sowie im besten Falle umfachreiche Erfahrungen.
VG
@lohnexperte schrieb:
Die Anzeige von Abtretungserklärungen durch Gläubiger(-vertreter) bedarf einer sehr intensiven Prüfung durch den Lohnabrechner
Nein, das wäre unerlaubte Rechtsberatung.
Die Wirksamkeit einer Abtretung/Pfändung kann m.E. nur durch den Arbeitgeber selbst oder einen Rechtsanwalt geprüft werden.
@Uwe_Lutz schrieb:
@lohnexperte schrieb:
Die Anzeige von Abtretungserklärungen durch Gläubiger(-vertreter) bedarf einer sehr intensiven Prüfung durch den Lohnabrechner
Nein, das wäre unerlaubte Rechtsberatung.
Die Wirksamkeit einer Abtretung/Pfändung kann m.E. nur durch den Arbeitgeber selbst oder einen Rechtsanwalt geprüft werden.
Oha, dann war ich in den vergangenen 30 Jahren illegal unterwegs ... Wie handhaben Sie das in der Praxis, wenn Ihnen als Entgeltabrechner diese Dokumente auf den Tisch flattern, @Uwe_Lutz und @community?
Irritierte Grüße!
Genau wie Herr Lutz es schreibt
Ob eine Pfändung vom Grunde her rechtmäßig ist interessiert uns als Lohnabrechner überhaupt nicht. Finger weg!
Hier prüfe ich auch in diese Richtung nichts. Schickt der Mandat einen Pfändungsbeschluss wird der ohne Wenn und Aber erfasst.
Alles weiterer kann der Mandant klären . Bzw der betroffene Mitarbeiter. Am besten der Mitarbeiter mit seinem Anwalt
Das Fachwissen müssen wir als Lohnabrechner nicht haben und alles andere ist unerlaubte Rechtsberatung - und Anwaltssache
Hallo @Lohnnutzer ,
danke für Ihre Ausführungen als für Mandanten tätige Lohnabrechner. Eine abschließende Frage:
Wie sieht die Bearbeitung/Prüfung in der Praxis bei selbstbuchenden Mandanten aus?
VG
@lohnexperte schrieb:Eine abschließende Frage:
Wie sieht die Bearbeitung/Prüfung in der Praxis bei selbstbuchenden Mandanten aus?
Dies können Ihnen nur selbstbuchende Mandanten beantworten.
Wir haben 1, der die Löhne selbst, da weiß ich nicht, wie der damit umgeht.
Hallo @m_brunzendorf!
@m_brunzendorf schrieb:
Dies können Ihnen nur selbstbuchende Mandanten beantworten.
Da ich weiß, dass hier auch selbstbuchende Mandanten bzw. deren Lohnabrechner unterwegs sind, habe ich diese Frage gestellt 😉 und freue mich auf deren Antwort.
VG
@lohnexperte schrieb:Wie handhaben Sie das in der Praxis, wenn Ihnen als Entgeltabrechner diese Dokumente auf den Tisch flattern
Wenn mir -gerade bei Abtretungen- etwas merkwürdig vorkommt, weise ich den Mdt. darauf hin, dass er dies m.E. prüfen lassen sollte. Aber auch gleich mit dem Hinweis, dass wir dies rechtlich nicht beurteilen können und auch nicht dürfen.
Wenn dann aber nicht passiert, wir dies so abgerechnet.